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VÖLKERWANDERUNG UND DANACH – Der Missionar Korbinian

22:08
 
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Der Überlieferung nach zähmte der aus dem heutigen Frankreich stammende Missionsbischof Korbinian nicht nur einen wilden Bären, sondern missionierte auch die Bayern. Ganz freiwillig war der fromme Mann allerdings nicht gekommen. Die bayerischen Agilolfinger-Herzöge hatten ihn im Jahr 724 förmlich nach Freising verschleppt. Vom Domberg aus sollte Korbinian als Bischof das Christentum im Land verbreiten und die königsgleiche Herrschaft der Bayernherzöge festigen. Denn Glauben und Kirche spielten im Machtgefüge des Frühmittelalters eine wichtige Rolle. Von Thomas Grasberger (BR 2024)

Credits
Autor: Thomas Grasberger
Regie: Irene Schuck
Es sprachen: Christian Baumann, Berenike Beschle
Technik: Anton Wunder
Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview: Michael Nadler, Irmtraut Heitmeier
Besonderer Linktipp der Redaktion:
NDR: Kunstverbrechen – True Crime meets Kultur
Gestohlene Gemälde, Kunstschmuggel, Fälscherskandale: Bei Kunstverbrechen rollen Lenore Lötsch und Torben Steenbuck spektakuläre Verbrechen in der Welt der Kunst- und Kultur auf. Ohne Blutvergießen, dafür mit spannender Kunst! Sie nehmen euch mit an Tatorte und hinter die Kulissen der Ermittlungen bei True-Crime-Fällen im vermeintlich glitzernden Kunstgeschäft. Sie treffen Zeugen, Experten und Opfer. Unterstützung bekommen sie dabei von Deutschlands bekanntestem Kunst-Kommissar René Allonge vom LKA Berlin. ZUM PODCAST
Linktipps:
Bayerische Landesausstellung (2024): Tassilo, Korbinian und der Bär – Bayern im frühen Mittelalter
Ein Herrscher mit Schwert und Szepter, ein Heiliger, der einen wilden Bären zähmt … das ist nicht der Stoff für einen Hollywoodfilm, sondern pure bayerische Geschichte. Tassilo, Korbinian und der Bär entführen uns in der Bayerischen Landesausstellung 2024 ins frühe Mittelalter! Veranstalter sind das Haus der Bayerischen Geschichte und die Erzdiözese München und Freising. Zusätzlich zur Landesausstellung werden dem Publikum ausgewählte Prunkräume des Dombezirks über Führungen zugänglich gemacht. Die Ausstellung findet noch bis zum 3. November 2024 im Diözesanmuseum Freising statt. MEHR INFOS

Deutschlandfunk (2023): Bonifatius - der Apostel mit der Axt
Vor 1.300 Jahren ließ der christliche Missionar Bonifatius eine Eiche fällen, die dem germanischen Gott Donar geweiht war. Doch was damals tatsächlich passierte und was Legende ist, ist nicht sicher. Dennoch wirkt die Geschichte bis heute nach. JETZT ANHÖREN

Und hier noch ein paar besondere Tipps für Geschichts-Interessierte:

Im Podcast „TATORT GESCHICHTE“ sprechen die Historiker Niklas Fischer und Hannes Liebrandt über bekannte und weniger bekannte Verbrechen aus der Geschichte. True Crime – und was hat das eigentlich mit uns heute zu tun?
DAS KALENDERBLATT erzählt geschichtliche Anekdoten zum Tagesdatum - skurril, anrührend, witzig und oft überraschend.
Und noch viel mehr Geschichtsthemen, aber auch Features zu anderen Wissensbereichen wie Literatur und Musik, Philosophie, Ethik, Religionen, Psychologie, Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung, Natur und Umwelt gibt es bei RADIOWISSEN.
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
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Timecodes (TC) zu dieser Folge:
TC 00:15 – Intro
TC 02:33 – Freisings Gründungsheiliger
TC 05:48 – Der Dreikapitelstreit
TC 08:02 – Korbinian der Choleriker
TC 13:00 – Wohlhabend, fruchtbar & heilig
TC 15:46 – Die Ära Tassilos III.
TC 20:36 - Outro
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
TC 00:15 – Intro

MUSIK

Erzähler
Als der heilige Korbinian eines Tages auf Rom zu pilgerte, begegnete ihm mitten in der Wildnis ein Bär. Das Raubtier war hungrig und riss eines der Lastentiere Korbinians. Der aber reagierte blitzschnell – mit einer Spontan-Zähmung! Er domestizierte den Bären, schnallte ihm einen Sattel auf den Rücken und ließ ihn das ganze Gepäck tragen – bis nach Rom, wo er ihn schließlich wieder freiließ.

Erzählerin
So steht es in der „Vita Corbiniani“, der einzigen Quelle, die uns vom Leben des Heiligen Korbinian berichtet. Verfasst hat die Heiligenlegende der Freisinger Bischof Arbeo, der uns bestimmt keinen Bären aufbinden wollte. Auch wenn die Anekdote von der wundersamen Raubtierzähmung eher symbolisch zu verstehen ist, als heilsgeschichtliche Wahrheit. Ansonsten aber ist die „Vita Corbiniani“ eine durchaus verlässliche historische Quelle.

MUSIK

Erzähler
Korbinian, in den 670er Jahren geboren, war der Sohn einer vornehmen Familie aus Arpajon bei Paris. Eigentlich wollte er ein ruhiges, kontemplatives Leben führen, als Eremit in der Klause. Aber seine charismatische Ausstrahlung hatte sich rasch herumgesprochen, und bald war´s vorbei mit der Eremiten-Ruhe. Korbinian ergriff die Flucht und pilgerte nach Rom, wo Papst Gregor II. ihn zum Bischof weihte und in die weite Welt hinaus schickte. Den rechten Glauben, nämlich den römisch-katholischen, sollte er verkünden – oben im Norden, jenseits der Alpen.

Erzählerin
Und so kam Korbinian im Jahr 724 ins heute oberbayerische Freising. Wer Bären zähmen kann, so die fromme Annahme, kann auch mit widerspenstigen Bajuwaren fertig werden. Deren Herzöge aus dem Geschlecht der Agilolfinger waren einst von den Frankenkönigen eingesetzt worden und wie diese seit dem sechsten Jahrhundert Christen – zumindest dem Namen nach. Ein wenig römisch-katholische Nachhilfe konnte aber auch den Agilolfingern nicht schaden, was den Feinschliff der Sitten und die Festigung der Glaubensgrundsätze anging. Ganz sattelfest waren sie in diesen Fragen nämlich noch nicht. Für Korbinian aber, soviel sei schon verraten, sollte es keine leichte Aufgabe werden.
TC 02:33 – Freisings Gründungsheiliger

MUSIK

Erzähler
Heutzutage ist der gesattelte Korbiniansbär in Freising allgegenwärtig. Im Stadtwappen, als Statue an der Korbiniansbrücke, auf dem Tafelbild im Dom und auf Gemälden im Diözesanmuseum. Dort oben am Domberg, wo einst eine Pfalzkapelle im herzoglichen Palast stand, war Korbinians Wirkungsstätte. Und gegenüber, auf dem Weihenstephaner Berg, hatte er eine Mönchszelle errichtet und jene Quelle entdeckt, die das Kloster mit Wasser versorgte.

Erzählerin
1300 Jahre ist Korbinians Ankunft in Freising her. Und natürlich wird das Jubiläum vom Erzbistum München und Freising gebührend gefeiert. Obwohl streng kirchenrechtlich betrachtet das Bistum erst im Jahr 739 entstanden ist. Damals im päpstlichem Auftrag errichtet von Bonifatius, dem „Apostel der Deutschen“. Aber in Freising hat man immer schon lieber den heiligen Korbinian als Gründervater verehrt.

ATMO

Erzähler
Im Diözesanmuseum auf dem Freisinger Domberg arbeiten die Handwerker fleißig am Aufbau der Bayerischen Landesausstellung des Jahres 2024: „Tassilo, Korbinian und der Bär“ heißt die Schau, die sich in sechs Stationen und auf 1000 Quadratmetern mit „Bayern im frühen Mittelalter“ befasst. Der promovierte Historiker Michael Nadler vom Haus der Bayerischen Geschichte ist Projektleiter der Landesausstellung.

ZSP 1 Nadler Thema 0,16
Der Korbinian ist der Aufhänger von dem Ganzen. Das 1300-jährige Bistumsjubiläum, das ist unser Anlass, und wir thematisieren das auch. Aber die eigentliche Aussage ist ja, wie Bayern beinah damals schon ein mächtiges Königreich geworden wäre. Und das finde ich hochspannend. Dass man aus so wenig Überlieferung was konstruieren kann, was auch Sinn macht.

Erzähler
Wo Quellen rar sind – wie im Frühmittelalter –, müssen Theorien die Lücken schließen. Und das Fragezeichen – übrigens eine Erfindung des achten Jahrhunderts – wird oft zum wichtigsten Satzzeichen des Historikers. Aber Einiges ist halt doch überliefert, und so kann die Landesausstellung einen schönen weiten Bogen durchs achte Jahrhundert schlagen: Von Bayernherzog Theodo, der in seiner Regensburger Residenz so selbstbewusst regiert haben soll, dass er den Unmut der Franken erregte. Bis zu Tassilo dem Dritten, der fast schon wie ein König herrschte ... bis er an seinem Vetter Karl dem Großen scheiterte.

Erzählerin
Für diese Geschichte vom selbstbewussten bairischen Herzogtum spielen der Papst und die römische Kirche eine wichtige Rolle. Und somit auch die drei „Apostel der Bayern“, die als Missionare Ende des 7. Jahrhunderts aus dem fränkisch-gallischen Westen ins Land gekommen waren: Emmeram nach Regensburg, Rupert nach Salzburg und Korbinian nach Freising.

Erzähler
Was wir über die drei wissen, erfahren wir von ihren Amtsnachfolgern – vom Freisinger Bischof Arbeo mit seinen Heiligenviten über Emmeram und Korbinian. Und von Bischof Virgil, der das Salzburger Verbrüderungsbuch anlegen ließ.

Erzählerin
In all diesen Quellen, sagt die promovierte Historikerin und Frühmittelalter-Expertin Irmtraut Heitmeier, wird so getan, als beginne die bayerische Geschichte erst Ende des siebten Jahrhunderts. Was vermutlich damit zu tun hat, dass bis dahin der sogenannte Dreikapitelstreit die Gemüter entzweite.

TC 05:48 – Der Dreikapitelstreit

MUSIK

Erzähler
Bei dieser innerkirchlichen Auseinandersetzung ging es um unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Natur Jesu Christi. Eine theologische Streitfrage also, die allerdings auch politische Dimensionen angenommen hat. Südlich der Alpen, in Venetien und Istrien, führte sie sogar zu einer 150 Jahre dauernden Glaubensspaltung – zum Schisma von Aquileia.

MUSIK

Erzählerin
Viele Bischöfe in Nord- und Mittelitalien hatten sich von Rom ab- und den Langobarden zugewandt. Die waren auch Christen, allerdings überwiegend arianische. Für den Papst in Rom galten solche Arianer als Irrgläubige und Ketzer. Die Unterschiede zwischen den beiden christlichen Konfessionen erklärt Irmtraut Heitmeier so.

ZSP 2 Heit Arianer 0,31
Die Katholiken gehen davon aus, dass Christus mit Gott wesensgleich ist und die Arianer haben eben das nicht geglaubt und sind nur von einer Wesensähnlichkeit ausgegangen. Und die meisten der sogenannten germanischen Völker, also Goten, Langobarden hingen dem arianischen Glauben an.

Erzählerin
Weil das Herzogtum Bayern, vor allem in seinem östlichen Teil, enge historische und verwandtschaftliche Verbindungen zu den Langobarden hatte, schloss es sich der langobardischen Fraktion an. Man unterstand nicht der Kirche von Rom, sondern der Kirche von Aquileia. In Bayern lebten also keineswegs nur römisch-katholische, sondern auch viele arianische Christen.

Erzähler
Erst als in den 690er Jahren der Dreikapitelstreit beigelegt werden kann, ist der Weg frei für eine konfessionelle Einigung des Landes. Im Jahr 696, so eine These aus jüngerer Zeit, hat Bayernherzog Theodo in der Pfalzkapelle zu Altötting seinem arianischen „Irrglauben“ abgeschworen, um sich mit seinen Gefährten katholisch taufen zu lassen.

Erzählerin
Mit dieser Hinwendung zu Rom kann nun auch der Aufbau einer einheitlichen Kirchenorganisation in Bayern beginnen. Bayernherzog Theodo nimmt im Jahr 716 sogar die beschwerliche Reise zum Papst auf sich, um die Erlaubnis zu erwirken, dass er in Bayern Bistümer gründen darf.
TC 08:02 – Korbinian der Choleriker

ZSP 3 Nadler Theodo 0,19
Die Gründung von Bischofssitzen oder Bistümern dient dazu, dass man seine Macht festigt. Man kann geistlich und weltlich nicht trennen. Also für den Herzog ist das wichtig: Das Christentum verbreiten bedeutet auch sein Land erschließen. Und Herzog Theodo, das ist ein Agilolfinger Herzog und das ist schon dieser Zug Richtung eigenes bayerisches Königreich oder Agilolfingisches Königreich.

Erzählerin
Herzog Theodo regiert wie ein unabhängiger Fürst. Er teilt sein Herzogtum unter seinen vier Söhnen auf, ohne sich die Einwilligung der Frankenkönige zu holen. Als Theodo im Oktober 717 stirbt, ist die Bistumsgründung noch unvollendet. Mit sanfter Gewalt gelingt es seinem Sohn Grimoald, den Kirchenmann Korbinian nach Freising zu verfrachten, damit der Missionar als Gründungsbischof den Aufbau einer bairischen Kirchenprovinz voranbringt. Aber bald schon erlebt der Herzog sein blaues Wunder: Korbinian ist nämlich ein cholerischer und rabiater Verfechter seines Glaubens, der auch den Konflikt mit den Mächtigen nicht scheut.

Erzählerin
Als der Herzog eines Tages seinem Hund ein Stück Brot zuwirft, das Korbinian zuvor gesegnet hat, rastet der Missionar völlig aus, wirft die fürstliche Tafel um und verlässt den Raum.

Erzähler
Noch radikaler gebärdet sich der Missionar gegenüber einer Bäuerin, die im Ruf steht, Zauberei zu betreiben. Als die Kräuterhexe behauptet, sie habe einen Sohn des Herzogs mit ihren Zaubersprüchen geheilt, da springt Korbinian wutentbrannt vom Pferd herunter und verprügelt die alte Heilerin.

Erzählerin
Die Bayern hatten ihren alten heidnisch-germanischen Glauben wohl nie ganz aufgegeben, auch wenn sie längst schon christlich getauft waren.

ZSP 4 Nadler Heidnisches 0,26
Man kann davon ausgehen, in Bayern südlich der Donau, dass die Missionare schon auf ein gewisses vorhandenes Christentum treffen. Das ist kein Heidenland in dem Sinn, weil er aus der Römerzeit das Christentum schon übergeblieben ist, trotz der zugewanderten Germanen, die da eben andere Glaubensrichtungen mitbringen. Der sogenannte Aberglaube, also das, was wir heute haben mit Charivari, Gamsbart und so was, geht alles auf Jagdzauber, Fruchtbarkeitszauber zurück. Das ist letztlich ein heidnisches Erbe, was da übergeblieben ist, was aber das Christentum mit aufgesaugt hat.

MUSIK

Erzählerin
In frühmittelalterlichen Gräberfeldern finden Archäologen nicht nur christliche Kreuze, sondern auch Amulette, die auf heidnische Bräuche hindeuten. Waren die Bajuwaren also gut katholisch und gleichzeitig heidnisch?

Erzähler
In der Landesausstellung ist eine Gewandschließe aus dem frühen siebten Jahrhundert zu sehen. Auf der Rückseite dieser Bügelfibel steht eine Runeninschrift, die die germanischen Götter Wotan und Donar erwähnt. Ob es eine Widmung ist? Oder eine Verfluchung, die sich vom Heidenglauben distanziert?

Erzählerin
Schwer zu sagen – aber was auch immer auf der Fibel genau stehen mag: Fest steht, dass es die germanischen Götter in den damaligen Glaubensvorstellungen noch gegeben haben muss. Ebenso diverse heidnische Praktiken wie Zauberei und Wahrsagerei. Aberglaube und Magie haben die Zeiten anscheinend überdauert. Bis heute.

MUSIK

Erzähler
Zwischen Korbinian und dem Bayernherzog Grimoald war es früh schon zu Spannungen gekommen. Grund hierfür war Pilitrud, die Gattin des Herzogs. Sie stammte aus vornehmem fränkischem Geschlecht und galt als wahre Schönheit. Das Problem lag also woanders: Die fesche Pilitrud war schon mal verheiratet gewesen, nämlich mit Grimoalds Bruder. Nach dessen Tod übernahm Grimoald die Witwe. Aber so eine Schwagerehe war nach römischem Kirchenrecht streng verboten. Deshalb tobte Bischof Korbinian und forderte: Diese Pilitrud muss weg! Der Herzog zögerte, schob die Scheidung immer wieder hinaus. Als er sich endlich dazu durchringen konnte, bebte Pilitrud vor Wut über den Pfaffen, der ihr die Ehe vermasselt hatte. Sie beauftragte einen Hofherrn mit der Ermordung des Bischofs – durch Gift!

Erzählerin
Missionare lebten stets gefährlich. Sie riskierten ihr Leben für die Durchsetzung christlicher Ideale. Dabei ging es nicht nur um Sitte und Moral, sondern oft auch um Erbe und Macht. Auch im Freisinger Ehestreit, meint Michael Nadler könnten politische Hintergründe eine Rolle gespielt haben.

ZSP 5 Nadler Streit 0,20
Weil der Korbinian nicht unbedingt zur Partei vom Grimoald gehört hat. Da gab es noch seinen Neffen, den Hucbert, der dann später Herzog wird und der hat gute Verbindungen ins Frankenreich und zu den Langobarden, auch wie der Korbinian! Ich will ihm ja nichts nachsagen, aber es ist möglich, dass das auch eine Rolle gespielt hat, dass die nicht in derselben politischen Partei waren sozusagen. Aber in der Legende wird natürlich immer gesagt: Ja, das ist eine Umsetzung des echten Christentums.

MUSIK

Erzähler
Der Mordanschlag auf den Bischof misslingt. Korbinian wird gewarnt und kann nach Südtirol fliehen. Bei Mais, in der Nähe von Meran, wo er einst das kleine Kloster Kuens gegründet hat, findet er seinen Rückzugsort. Und nach seinem Tod 730 auch die vermeintlich letzte Ruhestätte. In Freising wollte Korbinian nämlich nicht einmal begraben sein.
TC 13:00 – Wohlhabend, fruchtbar & heilig

Erzählerin
Vier Jahrzehnte später allerdings wird sein Nachfolger und Biograf, der Freisinger Bischof Arbeo, Korbinians Gebeine nach Bayern überführen lassen. Wie Regensburg mit Emmeram, Salzburg mit Rupert und Passau mit Valentin, hatte nun auch das Bistum Freising mit Korbinian seinen Gründungsheiligen. Im Frühmittelalter war das ein echter Standortfaktor, sagt Michael Nadler.

ZSP 6 Nadler Standortfaktor 0,10
Solche Heiligenreliquien haben ja den Ruf, dass sie Wunder wirken. Die ziehen natürlich dann Pilger an, das wird eine Wallfahrtsstätte. Und das ist natürlich nicht nur geistlich, sondern auch wirtschaftlich interessant immer.

Erzähler
Bayern war im achten Jahrhundert ein fruchtbares und relativ wohlhabendes Land. Es gab viel Fisch und Wild, Wein, Wald und Bodenschätze. Auch das wissen wir vom frühen Schriftsteller und Geschichtsschreiber Arbeo. Sein Landeslob ist keineswegs nur poetische Fiktion, sagt die Historikerin Heitmeier.
ZSP 7 Heit Landeslob 0,22
Das ist sicherlich auch geschönt, übertrieben, aber man kann daraus auch sehr schön sehen, was alles an Gewerben vorhanden war, was alles genutzt worden ist. Also man hat eben Bodenschätze verarbeitet, man hat Salz gewonnen, man hat Gold gewaschen, man hat wirklich sehr vielfältig aus diesem Land Nutzen gezogen.

Erzähler
Auch Bayerns Importwirtschaft ist nicht zu unterschätzen. Über ein Netz von Handelswegen kommen exotische Gewürze, kostbare Seiden und wertvolle Kunstobjekte ins Land. Regensburg ist damals ein wichtiger Umschlagplatz für solche Luxusgüter.

ZSP 8 Nadler Luxus 0,21
Gerade wenn man jetzt die Schmuckstücke anschaut, dass da Edelsteine aus Indien oder Sri Lanka dabei sind. Oder der heilige Emmeram, also diese Reliquien, die wurden in Tücher eingeschlagen oder in Stickereien aus dem heutigen Ost-Iran oder Afghanistan. Also das war durchaus im Luxussegment sozusagen für einen ganz sehr eingeschränkten Bevölkerungskreis möglich, so was, so was zu erwerben, was man eigentlich nicht vermuten würde.

Erzähler
Das wohlhabende Herzogtum Bayern bekommt seinen letzten kirchenpolitischen Schliff im Jahr 739. Der Angelsachse Winfried, besser bekannt als Heiliger Bonifatius, vollendet in jenem Jahr die Einteilung Bayerns in vier Bistümer.

Erzählerin
Bonifatius, der „Apostel der Deutschen“, war ein „Genie der Selbstvermarktung“, sagt Michael Nadler. Letztlich aber hat er nur vollendet, was die Agilolfinger mehr als 20 Jahre zuvor schon begonnen haben. So sieht es zumindest die bayerische Forschungsrichtung.

ZSP 9 Nadler Bonifatius 0,20
Wir sagen in der Ausstellung ganz klar, es gab schon Bischöfe, seit 716 ungefähr, also seit Theodo. Und der Bonifatius vollendet nur noch diese Organisation. Er setzt jetzt halt mit seiner Autorität vom Papst her, setzt der Bischöfe ein, in Passau nicht, weil in Passau gab es schon den Vivilo, den hat er nicht weg gekriegt. Und seitdem gehört das praktisch ganz fest zur römischen Kirche dazu.
TC 15:46 – Die Ära Tassilos III.

MUSIK

Erzähler
Der bayerische Herzog habe stets aus dem Geschlecht der Agilolfinger zu sein! So steht´s im bayerischen Stammesrecht, in der „Lex Baiuvariorum“. Als im Jahr 736 mit Hugbert der letzte aus der direkten männlichen Linie stirbt, kommt der alemannische Zweig der Agilolfinger zum Zug: Der Schwabe Odilo wird Herzog der Bajuwaren.

Erzählerin
In Odilos Herrschaftszeit von 736 bis 748 fallen nicht nur die Bistumsgründungen, sondern auch stattliche Klostergründungen wie Chammünster, Niederaltaich und Mondsee. Auch seine militärischen Erfolge gegen Karantanen und Awaren erweitern den bairischen Einfluss. Die Landesausstellung sieht in Odilo, diesem „vorletzten Agilolfinger“, sogar den eigentlichen Schöpfer des frühmittelalterlichen Bayern.

ZSP 10 Nadler Odilo 0,12
Odilo war auf jeden Fall hoch bedeutsam, also gerade als Klostergründer. Also der hat eigentlich diesen Landesausbau, dass man also das Land erschließt, diese Binnenkolonisierung, das hat der schon sehr stark vorangetrieben. Und Tassilo konnte darauf aufbauen.

MUSIK

Erzählerin
Als sein Vater Odilo stirbt, ist Tassilo III. gerade mal sieben Jahre alt. Seine Mutter, die Karolingerin Hiltrud und sein Onkel Pippin führen zunächst die Regierungsgeschäfte. Von 757 an aber wird Tassilo als Herzog amtieren. Mehr als drei Jahrzehnte lang, selbstbewusst und eigenständig, nach innen wie nach außen.

Erzähler
Tassilo erlässt Gesetze und handelt bald wie ein König. Er sitzt den Versammlungen der bayerischen Kirche vor und lässt seit 767 in Salzburg den Virgil-Dom bauen, der in seinen Ausmaßen das fränkische Heiligtum St. Denis bei Paris übertrifft. Der Agilolfinger sieht sich den karolingischen Franken ebenbürtig. Wenn nicht gar überlegen.

Erzählerin
Tassilo wird auch zu dem bairischen Klostergründer schlechthin. Innichen, Kremsmünster, Frauenchiemsee – sind nur einige von vielen Klostergründungen, die dem Bayernherzog zugeschrieben werden. Dabei geht es nicht nur um Seelenheil, sondern um Macht und Politik. Denn Klostergründungen sind aufwendig, man braucht dafür kirchliche und adlige Verbündete. Schließlich sind Klöster immer auch Mittel, den Raum zu organisieren, sagt die Historikerin Irmtraut Heitmeier. Dazu gehören Rodungen und der Ausbau von Siedlungen, aber auch von Straßen an strategisch wichtigen Stellen.

ZSP 11 Heit Raumorganisation 0,14
Es ist ja kein Zufall, dass so viele Klöster direkt vor den Alpeneingängen liegen, also ob das jetzt Scharnitz-Schlehdorf ist, Benediktbeuern, Tegernsee. Jeder Passzugang hat ungefähr ein Kloster vor sich.
Erzählerin
Besonders reich ausgestattet ist das von Tassilo 777 gegründete Kloster Kremsmünster im heutigen Oberösterreich: Es hütet in seiner Schatzkammer das wohl berühmteste und kostbarste Kunstwerk seiner Zeit: den Tassilo-Liutpirc-Kelch, gestiftet vom starken Herzog Tassilo, der wie ein König herrscht. Und seiner Gemahlin Liutpirc, die selbst Tochter eines Langobarden-Königs ist.

Erzähler
Dieser Kelch ist künstlerischer Ausdruck der politischen Eigenständigkeit Bayerns gegenüber dem Frankenreich. Und nicht zuletzt ist er das Highlight der Freisinger Landesausstellung.

ZSP 12 Nadler Tassilokelch 0,15
Das ist eine absolute Sensation, dass wir den überhaupt bekommen. Also der wird praktisch nie ausgeliehen und ist eines der wichtigsten Objekte der bayerischen Geschichte überhaupt. Ganz sicher das Wichtigste der damaligen Zeit. Ein sehr schöner und auch besonders großer Messkelch.

MUSIK

Erzähler
Tassilo – der selbstbewusste Agilolfinger! Für den karolingischen Frankenkönig Karl ist er eine unerträgliche Provokation. Lange schaut sich Karl das Treiben seines „bairischen“ Cousins an. Als alle anderen Widersacher im Spiel der Macht beseitigt sind, knüpft er sich auch Tassilo vor.

Erzählerin
Denn auf dem Weg zum mächtigsten Kaiser des Mittelalters kann Karl der Große, dieser heilige Barbar, wie ihn ein Biograf nennt, keine Konkurrenten dulden. In einem Schauprozess in Ingelheim am Rhein lässt er Tassilo III. im Jahr 788 zu Unrecht verurteilen wegen Verrat und Treuebruch, angeblich begangen 25 Jahre zuvor. Für immer wird Tassilo in die Klosterhaft verbannt.

Erzähler
Die Zeit der königsgleich regierenden Agilolfinger ist damit vorbei. Karl reißt sich das Herzogtum Bayern unter den Nagel. Der Weg in die Bedeutungslosigkeit einer Provinz im Südosten scheint vorbestimmt. In Wirklichkeit aber sollte es nicht lang dauern, bis wieder bayerische Herzöge aufbegehrten und die politische Eigenständigkeit anstrebten.
TC 20:36 - Outro

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Ein Herrscher mit Schwert und Szepter, ein Heiliger, der einen wilden Bären zähmt … das ist nicht der Stoff für einen Hollywoodfilm, sondern pure bayerische Geschichte. Tassilo, Korbinian und der Bär entführen uns in der Bayerischen Landesausstellung 2024 ins frühe Mittelalter! Veranstalter sind das Haus der Bayerischen Geschichte und die Erzdiözese München und Freising. Zusätzlich zur Landesausstellung werden dem Publikum ausgewählte Prunkräume des Dombezirks über Führungen zugänglich gemacht. Die Ausstellung findet noch bis zum 3. November 2024 im Diözesanmuseum Freising statt. MEHR INFOS

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Vor 1.300 Jahren ließ der christliche Missionar Bonifatius eine Eiche fällen, die dem germanischen Gott Donar geweiht war. Doch was damals tatsächlich passierte und was Legende ist, ist nicht sicher. Dennoch wirkt die Geschichte bis heute nach. JETZT ANHÖREN

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Als der heilige Korbinian eines Tages auf Rom zu pilgerte, begegnete ihm mitten in der Wildnis ein Bär. Das Raubtier war hungrig und riss eines der Lastentiere Korbinians. Der aber reagierte blitzschnell – mit einer Spontan-Zähmung! Er domestizierte den Bären, schnallte ihm einen Sattel auf den Rücken und ließ ihn das ganze Gepäck tragen – bis nach Rom, wo er ihn schließlich wieder freiließ.

Erzählerin
So steht es in der „Vita Corbiniani“, der einzigen Quelle, die uns vom Leben des Heiligen Korbinian berichtet. Verfasst hat die Heiligenlegende der Freisinger Bischof Arbeo, der uns bestimmt keinen Bären aufbinden wollte. Auch wenn die Anekdote von der wundersamen Raubtierzähmung eher symbolisch zu verstehen ist, als heilsgeschichtliche Wahrheit. Ansonsten aber ist die „Vita Corbiniani“ eine durchaus verlässliche historische Quelle.

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Korbinian, in den 670er Jahren geboren, war der Sohn einer vornehmen Familie aus Arpajon bei Paris. Eigentlich wollte er ein ruhiges, kontemplatives Leben führen, als Eremit in der Klause. Aber seine charismatische Ausstrahlung hatte sich rasch herumgesprochen, und bald war´s vorbei mit der Eremiten-Ruhe. Korbinian ergriff die Flucht und pilgerte nach Rom, wo Papst Gregor II. ihn zum Bischof weihte und in die weite Welt hinaus schickte. Den rechten Glauben, nämlich den römisch-katholischen, sollte er verkünden – oben im Norden, jenseits der Alpen.

Erzählerin
Und so kam Korbinian im Jahr 724 ins heute oberbayerische Freising. Wer Bären zähmen kann, so die fromme Annahme, kann auch mit widerspenstigen Bajuwaren fertig werden. Deren Herzöge aus dem Geschlecht der Agilolfinger waren einst von den Frankenkönigen eingesetzt worden und wie diese seit dem sechsten Jahrhundert Christen – zumindest dem Namen nach. Ein wenig römisch-katholische Nachhilfe konnte aber auch den Agilolfingern nicht schaden, was den Feinschliff der Sitten und die Festigung der Glaubensgrundsätze anging. Ganz sattelfest waren sie in diesen Fragen nämlich noch nicht. Für Korbinian aber, soviel sei schon verraten, sollte es keine leichte Aufgabe werden.
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Erzähler
Heutzutage ist der gesattelte Korbiniansbär in Freising allgegenwärtig. Im Stadtwappen, als Statue an der Korbiniansbrücke, auf dem Tafelbild im Dom und auf Gemälden im Diözesanmuseum. Dort oben am Domberg, wo einst eine Pfalzkapelle im herzoglichen Palast stand, war Korbinians Wirkungsstätte. Und gegenüber, auf dem Weihenstephaner Berg, hatte er eine Mönchszelle errichtet und jene Quelle entdeckt, die das Kloster mit Wasser versorgte.

Erzählerin
1300 Jahre ist Korbinians Ankunft in Freising her. Und natürlich wird das Jubiläum vom Erzbistum München und Freising gebührend gefeiert. Obwohl streng kirchenrechtlich betrachtet das Bistum erst im Jahr 739 entstanden ist. Damals im päpstlichem Auftrag errichtet von Bonifatius, dem „Apostel der Deutschen“. Aber in Freising hat man immer schon lieber den heiligen Korbinian als Gründervater verehrt.

ATMO

Erzähler
Im Diözesanmuseum auf dem Freisinger Domberg arbeiten die Handwerker fleißig am Aufbau der Bayerischen Landesausstellung des Jahres 2024: „Tassilo, Korbinian und der Bär“ heißt die Schau, die sich in sechs Stationen und auf 1000 Quadratmetern mit „Bayern im frühen Mittelalter“ befasst. Der promovierte Historiker Michael Nadler vom Haus der Bayerischen Geschichte ist Projektleiter der Landesausstellung.

ZSP 1 Nadler Thema 0,16
Der Korbinian ist der Aufhänger von dem Ganzen. Das 1300-jährige Bistumsjubiläum, das ist unser Anlass, und wir thematisieren das auch. Aber die eigentliche Aussage ist ja, wie Bayern beinah damals schon ein mächtiges Königreich geworden wäre. Und das finde ich hochspannend. Dass man aus so wenig Überlieferung was konstruieren kann, was auch Sinn macht.

Erzähler
Wo Quellen rar sind – wie im Frühmittelalter –, müssen Theorien die Lücken schließen. Und das Fragezeichen – übrigens eine Erfindung des achten Jahrhunderts – wird oft zum wichtigsten Satzzeichen des Historikers. Aber Einiges ist halt doch überliefert, und so kann die Landesausstellung einen schönen weiten Bogen durchs achte Jahrhundert schlagen: Von Bayernherzog Theodo, der in seiner Regensburger Residenz so selbstbewusst regiert haben soll, dass er den Unmut der Franken erregte. Bis zu Tassilo dem Dritten, der fast schon wie ein König herrschte ... bis er an seinem Vetter Karl dem Großen scheiterte.

Erzählerin
Für diese Geschichte vom selbstbewussten bairischen Herzogtum spielen der Papst und die römische Kirche eine wichtige Rolle. Und somit auch die drei „Apostel der Bayern“, die als Missionare Ende des 7. Jahrhunderts aus dem fränkisch-gallischen Westen ins Land gekommen waren: Emmeram nach Regensburg, Rupert nach Salzburg und Korbinian nach Freising.

Erzähler
Was wir über die drei wissen, erfahren wir von ihren Amtsnachfolgern – vom Freisinger Bischof Arbeo mit seinen Heiligenviten über Emmeram und Korbinian. Und von Bischof Virgil, der das Salzburger Verbrüderungsbuch anlegen ließ.

Erzählerin
In all diesen Quellen, sagt die promovierte Historikerin und Frühmittelalter-Expertin Irmtraut Heitmeier, wird so getan, als beginne die bayerische Geschichte erst Ende des siebten Jahrhunderts. Was vermutlich damit zu tun hat, dass bis dahin der sogenannte Dreikapitelstreit die Gemüter entzweite.

TC 05:48 – Der Dreikapitelstreit

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Erzähler
Bei dieser innerkirchlichen Auseinandersetzung ging es um unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Natur Jesu Christi. Eine theologische Streitfrage also, die allerdings auch politische Dimensionen angenommen hat. Südlich der Alpen, in Venetien und Istrien, führte sie sogar zu einer 150 Jahre dauernden Glaubensspaltung – zum Schisma von Aquileia.

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Erzählerin
Viele Bischöfe in Nord- und Mittelitalien hatten sich von Rom ab- und den Langobarden zugewandt. Die waren auch Christen, allerdings überwiegend arianische. Für den Papst in Rom galten solche Arianer als Irrgläubige und Ketzer. Die Unterschiede zwischen den beiden christlichen Konfessionen erklärt Irmtraut Heitmeier so.

ZSP 2 Heit Arianer 0,31
Die Katholiken gehen davon aus, dass Christus mit Gott wesensgleich ist und die Arianer haben eben das nicht geglaubt und sind nur von einer Wesensähnlichkeit ausgegangen. Und die meisten der sogenannten germanischen Völker, also Goten, Langobarden hingen dem arianischen Glauben an.

Erzählerin
Weil das Herzogtum Bayern, vor allem in seinem östlichen Teil, enge historische und verwandtschaftliche Verbindungen zu den Langobarden hatte, schloss es sich der langobardischen Fraktion an. Man unterstand nicht der Kirche von Rom, sondern der Kirche von Aquileia. In Bayern lebten also keineswegs nur römisch-katholische, sondern auch viele arianische Christen.

Erzähler
Erst als in den 690er Jahren der Dreikapitelstreit beigelegt werden kann, ist der Weg frei für eine konfessionelle Einigung des Landes. Im Jahr 696, so eine These aus jüngerer Zeit, hat Bayernherzog Theodo in der Pfalzkapelle zu Altötting seinem arianischen „Irrglauben“ abgeschworen, um sich mit seinen Gefährten katholisch taufen zu lassen.

Erzählerin
Mit dieser Hinwendung zu Rom kann nun auch der Aufbau einer einheitlichen Kirchenorganisation in Bayern beginnen. Bayernherzog Theodo nimmt im Jahr 716 sogar die beschwerliche Reise zum Papst auf sich, um die Erlaubnis zu erwirken, dass er in Bayern Bistümer gründen darf.
TC 08:02 – Korbinian der Choleriker

ZSP 3 Nadler Theodo 0,19
Die Gründung von Bischofssitzen oder Bistümern dient dazu, dass man seine Macht festigt. Man kann geistlich und weltlich nicht trennen. Also für den Herzog ist das wichtig: Das Christentum verbreiten bedeutet auch sein Land erschließen. Und Herzog Theodo, das ist ein Agilolfinger Herzog und das ist schon dieser Zug Richtung eigenes bayerisches Königreich oder Agilolfingisches Königreich.

Erzählerin
Herzog Theodo regiert wie ein unabhängiger Fürst. Er teilt sein Herzogtum unter seinen vier Söhnen auf, ohne sich die Einwilligung der Frankenkönige zu holen. Als Theodo im Oktober 717 stirbt, ist die Bistumsgründung noch unvollendet. Mit sanfter Gewalt gelingt es seinem Sohn Grimoald, den Kirchenmann Korbinian nach Freising zu verfrachten, damit der Missionar als Gründungsbischof den Aufbau einer bairischen Kirchenprovinz voranbringt. Aber bald schon erlebt der Herzog sein blaues Wunder: Korbinian ist nämlich ein cholerischer und rabiater Verfechter seines Glaubens, der auch den Konflikt mit den Mächtigen nicht scheut.

Erzählerin
Als der Herzog eines Tages seinem Hund ein Stück Brot zuwirft, das Korbinian zuvor gesegnet hat, rastet der Missionar völlig aus, wirft die fürstliche Tafel um und verlässt den Raum.

Erzähler
Noch radikaler gebärdet sich der Missionar gegenüber einer Bäuerin, die im Ruf steht, Zauberei zu betreiben. Als die Kräuterhexe behauptet, sie habe einen Sohn des Herzogs mit ihren Zaubersprüchen geheilt, da springt Korbinian wutentbrannt vom Pferd herunter und verprügelt die alte Heilerin.

Erzählerin
Die Bayern hatten ihren alten heidnisch-germanischen Glauben wohl nie ganz aufgegeben, auch wenn sie längst schon christlich getauft waren.

ZSP 4 Nadler Heidnisches 0,26
Man kann davon ausgehen, in Bayern südlich der Donau, dass die Missionare schon auf ein gewisses vorhandenes Christentum treffen. Das ist kein Heidenland in dem Sinn, weil er aus der Römerzeit das Christentum schon übergeblieben ist, trotz der zugewanderten Germanen, die da eben andere Glaubensrichtungen mitbringen. Der sogenannte Aberglaube, also das, was wir heute haben mit Charivari, Gamsbart und so was, geht alles auf Jagdzauber, Fruchtbarkeitszauber zurück. Das ist letztlich ein heidnisches Erbe, was da übergeblieben ist, was aber das Christentum mit aufgesaugt hat.

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Erzählerin
In frühmittelalterlichen Gräberfeldern finden Archäologen nicht nur christliche Kreuze, sondern auch Amulette, die auf heidnische Bräuche hindeuten. Waren die Bajuwaren also gut katholisch und gleichzeitig heidnisch?

Erzähler
In der Landesausstellung ist eine Gewandschließe aus dem frühen siebten Jahrhundert zu sehen. Auf der Rückseite dieser Bügelfibel steht eine Runeninschrift, die die germanischen Götter Wotan und Donar erwähnt. Ob es eine Widmung ist? Oder eine Verfluchung, die sich vom Heidenglauben distanziert?

Erzählerin
Schwer zu sagen – aber was auch immer auf der Fibel genau stehen mag: Fest steht, dass es die germanischen Götter in den damaligen Glaubensvorstellungen noch gegeben haben muss. Ebenso diverse heidnische Praktiken wie Zauberei und Wahrsagerei. Aberglaube und Magie haben die Zeiten anscheinend überdauert. Bis heute.

MUSIK

Erzähler
Zwischen Korbinian und dem Bayernherzog Grimoald war es früh schon zu Spannungen gekommen. Grund hierfür war Pilitrud, die Gattin des Herzogs. Sie stammte aus vornehmem fränkischem Geschlecht und galt als wahre Schönheit. Das Problem lag also woanders: Die fesche Pilitrud war schon mal verheiratet gewesen, nämlich mit Grimoalds Bruder. Nach dessen Tod übernahm Grimoald die Witwe. Aber so eine Schwagerehe war nach römischem Kirchenrecht streng verboten. Deshalb tobte Bischof Korbinian und forderte: Diese Pilitrud muss weg! Der Herzog zögerte, schob die Scheidung immer wieder hinaus. Als er sich endlich dazu durchringen konnte, bebte Pilitrud vor Wut über den Pfaffen, der ihr die Ehe vermasselt hatte. Sie beauftragte einen Hofherrn mit der Ermordung des Bischofs – durch Gift!

Erzählerin
Missionare lebten stets gefährlich. Sie riskierten ihr Leben für die Durchsetzung christlicher Ideale. Dabei ging es nicht nur um Sitte und Moral, sondern oft auch um Erbe und Macht. Auch im Freisinger Ehestreit, meint Michael Nadler könnten politische Hintergründe eine Rolle gespielt haben.

ZSP 5 Nadler Streit 0,20
Weil der Korbinian nicht unbedingt zur Partei vom Grimoald gehört hat. Da gab es noch seinen Neffen, den Hucbert, der dann später Herzog wird und der hat gute Verbindungen ins Frankenreich und zu den Langobarden, auch wie der Korbinian! Ich will ihm ja nichts nachsagen, aber es ist möglich, dass das auch eine Rolle gespielt hat, dass die nicht in derselben politischen Partei waren sozusagen. Aber in der Legende wird natürlich immer gesagt: Ja, das ist eine Umsetzung des echten Christentums.

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Erzähler
Der Mordanschlag auf den Bischof misslingt. Korbinian wird gewarnt und kann nach Südtirol fliehen. Bei Mais, in der Nähe von Meran, wo er einst das kleine Kloster Kuens gegründet hat, findet er seinen Rückzugsort. Und nach seinem Tod 730 auch die vermeintlich letzte Ruhestätte. In Freising wollte Korbinian nämlich nicht einmal begraben sein.
TC 13:00 – Wohlhabend, fruchtbar & heilig

Erzählerin
Vier Jahrzehnte später allerdings wird sein Nachfolger und Biograf, der Freisinger Bischof Arbeo, Korbinians Gebeine nach Bayern überführen lassen. Wie Regensburg mit Emmeram, Salzburg mit Rupert und Passau mit Valentin, hatte nun auch das Bistum Freising mit Korbinian seinen Gründungsheiligen. Im Frühmittelalter war das ein echter Standortfaktor, sagt Michael Nadler.

ZSP 6 Nadler Standortfaktor 0,10
Solche Heiligenreliquien haben ja den Ruf, dass sie Wunder wirken. Die ziehen natürlich dann Pilger an, das wird eine Wallfahrtsstätte. Und das ist natürlich nicht nur geistlich, sondern auch wirtschaftlich interessant immer.

Erzähler
Bayern war im achten Jahrhundert ein fruchtbares und relativ wohlhabendes Land. Es gab viel Fisch und Wild, Wein, Wald und Bodenschätze. Auch das wissen wir vom frühen Schriftsteller und Geschichtsschreiber Arbeo. Sein Landeslob ist keineswegs nur poetische Fiktion, sagt die Historikerin Heitmeier.
ZSP 7 Heit Landeslob 0,22
Das ist sicherlich auch geschönt, übertrieben, aber man kann daraus auch sehr schön sehen, was alles an Gewerben vorhanden war, was alles genutzt worden ist. Also man hat eben Bodenschätze verarbeitet, man hat Salz gewonnen, man hat Gold gewaschen, man hat wirklich sehr vielfältig aus diesem Land Nutzen gezogen.

Erzähler
Auch Bayerns Importwirtschaft ist nicht zu unterschätzen. Über ein Netz von Handelswegen kommen exotische Gewürze, kostbare Seiden und wertvolle Kunstobjekte ins Land. Regensburg ist damals ein wichtiger Umschlagplatz für solche Luxusgüter.

ZSP 8 Nadler Luxus 0,21
Gerade wenn man jetzt die Schmuckstücke anschaut, dass da Edelsteine aus Indien oder Sri Lanka dabei sind. Oder der heilige Emmeram, also diese Reliquien, die wurden in Tücher eingeschlagen oder in Stickereien aus dem heutigen Ost-Iran oder Afghanistan. Also das war durchaus im Luxussegment sozusagen für einen ganz sehr eingeschränkten Bevölkerungskreis möglich, so was, so was zu erwerben, was man eigentlich nicht vermuten würde.

Erzähler
Das wohlhabende Herzogtum Bayern bekommt seinen letzten kirchenpolitischen Schliff im Jahr 739. Der Angelsachse Winfried, besser bekannt als Heiliger Bonifatius, vollendet in jenem Jahr die Einteilung Bayerns in vier Bistümer.

Erzählerin
Bonifatius, der „Apostel der Deutschen“, war ein „Genie der Selbstvermarktung“, sagt Michael Nadler. Letztlich aber hat er nur vollendet, was die Agilolfinger mehr als 20 Jahre zuvor schon begonnen haben. So sieht es zumindest die bayerische Forschungsrichtung.

ZSP 9 Nadler Bonifatius 0,20
Wir sagen in der Ausstellung ganz klar, es gab schon Bischöfe, seit 716 ungefähr, also seit Theodo. Und der Bonifatius vollendet nur noch diese Organisation. Er setzt jetzt halt mit seiner Autorität vom Papst her, setzt der Bischöfe ein, in Passau nicht, weil in Passau gab es schon den Vivilo, den hat er nicht weg gekriegt. Und seitdem gehört das praktisch ganz fest zur römischen Kirche dazu.
TC 15:46 – Die Ära Tassilos III.

MUSIK

Erzähler
Der bayerische Herzog habe stets aus dem Geschlecht der Agilolfinger zu sein! So steht´s im bayerischen Stammesrecht, in der „Lex Baiuvariorum“. Als im Jahr 736 mit Hugbert der letzte aus der direkten männlichen Linie stirbt, kommt der alemannische Zweig der Agilolfinger zum Zug: Der Schwabe Odilo wird Herzog der Bajuwaren.

Erzählerin
In Odilos Herrschaftszeit von 736 bis 748 fallen nicht nur die Bistumsgründungen, sondern auch stattliche Klostergründungen wie Chammünster, Niederaltaich und Mondsee. Auch seine militärischen Erfolge gegen Karantanen und Awaren erweitern den bairischen Einfluss. Die Landesausstellung sieht in Odilo, diesem „vorletzten Agilolfinger“, sogar den eigentlichen Schöpfer des frühmittelalterlichen Bayern.

ZSP 10 Nadler Odilo 0,12
Odilo war auf jeden Fall hoch bedeutsam, also gerade als Klostergründer. Also der hat eigentlich diesen Landesausbau, dass man also das Land erschließt, diese Binnenkolonisierung, das hat der schon sehr stark vorangetrieben. Und Tassilo konnte darauf aufbauen.

MUSIK

Erzählerin
Als sein Vater Odilo stirbt, ist Tassilo III. gerade mal sieben Jahre alt. Seine Mutter, die Karolingerin Hiltrud und sein Onkel Pippin führen zunächst die Regierungsgeschäfte. Von 757 an aber wird Tassilo als Herzog amtieren. Mehr als drei Jahrzehnte lang, selbstbewusst und eigenständig, nach innen wie nach außen.

Erzähler
Tassilo erlässt Gesetze und handelt bald wie ein König. Er sitzt den Versammlungen der bayerischen Kirche vor und lässt seit 767 in Salzburg den Virgil-Dom bauen, der in seinen Ausmaßen das fränkische Heiligtum St. Denis bei Paris übertrifft. Der Agilolfinger sieht sich den karolingischen Franken ebenbürtig. Wenn nicht gar überlegen.

Erzählerin
Tassilo wird auch zu dem bairischen Klostergründer schlechthin. Innichen, Kremsmünster, Frauenchiemsee – sind nur einige von vielen Klostergründungen, die dem Bayernherzog zugeschrieben werden. Dabei geht es nicht nur um Seelenheil, sondern um Macht und Politik. Denn Klostergründungen sind aufwendig, man braucht dafür kirchliche und adlige Verbündete. Schließlich sind Klöster immer auch Mittel, den Raum zu organisieren, sagt die Historikerin Irmtraut Heitmeier. Dazu gehören Rodungen und der Ausbau von Siedlungen, aber auch von Straßen an strategisch wichtigen Stellen.

ZSP 11 Heit Raumorganisation 0,14
Es ist ja kein Zufall, dass so viele Klöster direkt vor den Alpeneingängen liegen, also ob das jetzt Scharnitz-Schlehdorf ist, Benediktbeuern, Tegernsee. Jeder Passzugang hat ungefähr ein Kloster vor sich.
Erzählerin
Besonders reich ausgestattet ist das von Tassilo 777 gegründete Kloster Kremsmünster im heutigen Oberösterreich: Es hütet in seiner Schatzkammer das wohl berühmteste und kostbarste Kunstwerk seiner Zeit: den Tassilo-Liutpirc-Kelch, gestiftet vom starken Herzog Tassilo, der wie ein König herrscht. Und seiner Gemahlin Liutpirc, die selbst Tochter eines Langobarden-Königs ist.

Erzähler
Dieser Kelch ist künstlerischer Ausdruck der politischen Eigenständigkeit Bayerns gegenüber dem Frankenreich. Und nicht zuletzt ist er das Highlight der Freisinger Landesausstellung.

ZSP 12 Nadler Tassilokelch 0,15
Das ist eine absolute Sensation, dass wir den überhaupt bekommen. Also der wird praktisch nie ausgeliehen und ist eines der wichtigsten Objekte der bayerischen Geschichte überhaupt. Ganz sicher das Wichtigste der damaligen Zeit. Ein sehr schöner und auch besonders großer Messkelch.

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Erzähler
Tassilo – der selbstbewusste Agilolfinger! Für den karolingischen Frankenkönig Karl ist er eine unerträgliche Provokation. Lange schaut sich Karl das Treiben seines „bairischen“ Cousins an. Als alle anderen Widersacher im Spiel der Macht beseitigt sind, knüpft er sich auch Tassilo vor.

Erzählerin
Denn auf dem Weg zum mächtigsten Kaiser des Mittelalters kann Karl der Große, dieser heilige Barbar, wie ihn ein Biograf nennt, keine Konkurrenten dulden. In einem Schauprozess in Ingelheim am Rhein lässt er Tassilo III. im Jahr 788 zu Unrecht verurteilen wegen Verrat und Treuebruch, angeblich begangen 25 Jahre zuvor. Für immer wird Tassilo in die Klosterhaft verbannt.

Erzähler
Die Zeit der königsgleich regierenden Agilolfinger ist damit vorbei. Karl reißt sich das Herzogtum Bayern unter den Nagel. Der Weg in die Bedeutungslosigkeit einer Provinz im Südosten scheint vorbestimmt. In Wirklichkeit aber sollte es nicht lang dauern, bis wieder bayerische Herzöge aufbegehrten und die politische Eigenständigkeit anstrebten.
TC 20:36 - Outro

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