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Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

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Jonathan Lethem eröffnet seinen Roman mit einer merkwürdigen Szene im Jahr 1978. Da sitzen zwei vierzehnjährige Jungs in einer Wohnung und zersägen 25-Cent-Münzen in vier Teile. Eine „völlig sinnlose Tätigkeit“, wie auch der Erzähler feststellt. Was natürlich nicht stimmt, denn noch am selben Tag wird sich zeigen, was es damit auf sich hat – die Leser erfahren das allerdings erst 300 Seiten später. Jonathan Lethems Roman hat eine ungewöhnliche Erzählstruktur. Er ist eine Collage aus Short Cuts, Erzählungen, Ereignissen, angesiedelt in den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart hinein, kunstvoll arrangiert zu einem Wimmelbild von Brooklyn. Ein Querschnitt durch die Zeiten; die Bühne besteht aus nur wenigen Straßen, und trotzdem ist das Buch vielfältig, abwechslungsreich und gesellschaftsdiagnostisch. Wer aber ist dieser Erzähler überhaupt, der mal in der Wir-, mal in der Ich-Form aus der Dean Street in Brooklyn erzählt? Zunächst einmal jemand, der sich gleich zu Beginn selbst zu strikter Sachlichkeit ermahnt:

Aufwachsen mit täglicher Kriminalität

Ein Mittel gegen Lyrismen. Halten wir das Licht, besonders das honigfarbene Licht, von unseren Augen fern. Nur die Fakten, Mann – keine malerischen Effekte. Wir sind hier, um Verbrechen aufzulisten. Die Stadt ist ein Netz von schematischen Darstellungen. Versuchen wir, ein paar Nadeln in die Karte zu stecken.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Dieses Vorhaben scheitert – glücklicherweise. Der Titel „Der Fall Brooklyn“ greift ganz bewusst auf juristisches Vokabular zurück. Lethem zeigt, wie Jugendliche in Brooklyn in den 1970er-Jahren, die er selbst dort erlebt hat, in einem Umfeld selbstverständlicher Kriminalität aufwachsen. Überfälle, Diebstähle, Drohungen und Machtkämpfe unter rivalisierenden Gangs sind der Normalfall. Lethem kennt die Sprüche, die Gesten, das Distinktionsgehabe bis ins kleinste Detail. Und er erzählt davon in einem swingenden, mitreißenden Tonfall, ohne den Ernst der Lage zu verharmlosen. Für die Straßenkriminalität und die Raubüberfälle unter den Jugendlichen wählt Lethem das Bild des Tanzes: Ein streng choreographierter Ablauf von Blicken, Bewegungen und Dialogen, von dem abzuweichen beinahe ein Vergehen ist und den nur die Jugendlichen untereinander verstehen:

Die Geschichte vom Pizzadieb

Die Eltern werden es nie wirklich kapieren. Was draußen vor sich geht. Wie sich der Tanz wirklich anfühlt. Die Worte, die gesprochen werden, und das, was gemeint ist, die Bedeutung, die hinter den Worten der Straße lauert.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Und weil das so ist, gilt für jeden Einzelnen da draußen auf der Straße: „Schütz dich selbst. Niemand anderes tut es für dich. Entwickle Methoden." Staat, Polizei, Hausbesitzer oder Behörden sind hier keine Autoritäten. Im Gegenteil: Sie sind Player im großen Getriebe, das Lethem in seinen Beschreibungen offenlegt. Auch die Mafia mischt natürlich kräftig mit. Und in einem Sprung in die zweite Hälfte der 1990er-Jahre wird beschrieben, welche Auswirkungen die restriktiven Polizeimaßnahmen unter Bürgermeister Giuliani hatten. Dass es trotz aller Härten auch zu kuriosen Situationen kommt, versteht sich: Da ist beispielsweise der Kunde eines Optikers, der regelmäßig einen dunklen Fleck auf seiner Brille moniert. Da sind Berichte von missglückten Überfällen, allen voran der kuriose Fall, in dem ein Pizzadieb scheitert, weil sein Opfer das Stück einfach schnell aufisst, woraufhin der fassungslose Täter empört protestiert, dass das so nicht gehe. Da ist aber auch die Geschichte der beginnenden Gentrifizierung des Stadtteils in Person eines angeblichen Millionärs, der eines der alten Häuser kauft, aufwendig renoviert und dort einzieht.

Ein Millionär zieht ein

Der Sohn dieses Millionärs wird alsbald eine Lektion in Sachen Ladendiebstahl erhalten. Er lernt, dass wenn ein weißer und ein schwarzer Junge gemeinsam ein Geschäft betreten, der Weiße ungehindert heraustragen kann, was er möchte, weil es der Schwarze ist, der gefilzt wird. Es ist aber auch jener vermeintliche Millionärssohn, der am Ende zu einem der beiden wirklich erschreckenden Kriminalfälle beitragen wird, die der Erzähler recherchiert hat. Der Erzähler wiederum, der über rund 400 Seiten als alles sehende, alles wissende und alles kontextualisierende Instanz aufgetreten ist, erweist sich schließlich als eines der erwachsen gewordenen Kinder aus der Dean Street:
Es gab die, die abgehauen sind, und die, die geblieben sind; ich war einer von denen, die geblieben sind. Mehr will ich nicht verraten. Ich will lieber nicht deutlicher werden. Sagen wir einfach, ich bin für immer unter ihnen. Schwarzen, Braunen, Weißen, Jungen, Mädchen. Den Erinnerern und den Vergessern. Ich gehöre zu ihnen. Ich liebe sie zu sehr, um mehr sagen zu wollen.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Eine Liebeserklärung an die Stadt. Manchmal nostalgisch, nie verklärend – und exzellent geschrieben: „Der Fall Brooklyn“ zeigt Jonathan Lethem endlich wieder in Bestform. Ein Stadtteil, der immer im Schatten des glamourösen Manhattan lag, wird zur Bühne für einen Reigen aus Träumen, Ängsten und sozialen Verwerfungen. Und was es mit den zersägten Münzen der beiden Vierzehnjährigen auf sich hat, wird hier selbstverständlich nicht verraten.
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Jonathan Lethem eröffnet seinen Roman mit einer merkwürdigen Szene im Jahr 1978. Da sitzen zwei vierzehnjährige Jungs in einer Wohnung und zersägen 25-Cent-Münzen in vier Teile. Eine „völlig sinnlose Tätigkeit“, wie auch der Erzähler feststellt. Was natürlich nicht stimmt, denn noch am selben Tag wird sich zeigen, was es damit auf sich hat – die Leser erfahren das allerdings erst 300 Seiten später. Jonathan Lethems Roman hat eine ungewöhnliche Erzählstruktur. Er ist eine Collage aus Short Cuts, Erzählungen, Ereignissen, angesiedelt in den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart hinein, kunstvoll arrangiert zu einem Wimmelbild von Brooklyn. Ein Querschnitt durch die Zeiten; die Bühne besteht aus nur wenigen Straßen, und trotzdem ist das Buch vielfältig, abwechslungsreich und gesellschaftsdiagnostisch. Wer aber ist dieser Erzähler überhaupt, der mal in der Wir-, mal in der Ich-Form aus der Dean Street in Brooklyn erzählt? Zunächst einmal jemand, der sich gleich zu Beginn selbst zu strikter Sachlichkeit ermahnt:

Aufwachsen mit täglicher Kriminalität

Ein Mittel gegen Lyrismen. Halten wir das Licht, besonders das honigfarbene Licht, von unseren Augen fern. Nur die Fakten, Mann – keine malerischen Effekte. Wir sind hier, um Verbrechen aufzulisten. Die Stadt ist ein Netz von schematischen Darstellungen. Versuchen wir, ein paar Nadeln in die Karte zu stecken.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Dieses Vorhaben scheitert – glücklicherweise. Der Titel „Der Fall Brooklyn“ greift ganz bewusst auf juristisches Vokabular zurück. Lethem zeigt, wie Jugendliche in Brooklyn in den 1970er-Jahren, die er selbst dort erlebt hat, in einem Umfeld selbstverständlicher Kriminalität aufwachsen. Überfälle, Diebstähle, Drohungen und Machtkämpfe unter rivalisierenden Gangs sind der Normalfall. Lethem kennt die Sprüche, die Gesten, das Distinktionsgehabe bis ins kleinste Detail. Und er erzählt davon in einem swingenden, mitreißenden Tonfall, ohne den Ernst der Lage zu verharmlosen. Für die Straßenkriminalität und die Raubüberfälle unter den Jugendlichen wählt Lethem das Bild des Tanzes: Ein streng choreographierter Ablauf von Blicken, Bewegungen und Dialogen, von dem abzuweichen beinahe ein Vergehen ist und den nur die Jugendlichen untereinander verstehen:

Die Geschichte vom Pizzadieb

Die Eltern werden es nie wirklich kapieren. Was draußen vor sich geht. Wie sich der Tanz wirklich anfühlt. Die Worte, die gesprochen werden, und das, was gemeint ist, die Bedeutung, die hinter den Worten der Straße lauert.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Und weil das so ist, gilt für jeden Einzelnen da draußen auf der Straße: „Schütz dich selbst. Niemand anderes tut es für dich. Entwickle Methoden." Staat, Polizei, Hausbesitzer oder Behörden sind hier keine Autoritäten. Im Gegenteil: Sie sind Player im großen Getriebe, das Lethem in seinen Beschreibungen offenlegt. Auch die Mafia mischt natürlich kräftig mit. Und in einem Sprung in die zweite Hälfte der 1990er-Jahre wird beschrieben, welche Auswirkungen die restriktiven Polizeimaßnahmen unter Bürgermeister Giuliani hatten. Dass es trotz aller Härten auch zu kuriosen Situationen kommt, versteht sich: Da ist beispielsweise der Kunde eines Optikers, der regelmäßig einen dunklen Fleck auf seiner Brille moniert. Da sind Berichte von missglückten Überfällen, allen voran der kuriose Fall, in dem ein Pizzadieb scheitert, weil sein Opfer das Stück einfach schnell aufisst, woraufhin der fassungslose Täter empört protestiert, dass das so nicht gehe. Da ist aber auch die Geschichte der beginnenden Gentrifizierung des Stadtteils in Person eines angeblichen Millionärs, der eines der alten Häuser kauft, aufwendig renoviert und dort einzieht.

Ein Millionär zieht ein

Der Sohn dieses Millionärs wird alsbald eine Lektion in Sachen Ladendiebstahl erhalten. Er lernt, dass wenn ein weißer und ein schwarzer Junge gemeinsam ein Geschäft betreten, der Weiße ungehindert heraustragen kann, was er möchte, weil es der Schwarze ist, der gefilzt wird. Es ist aber auch jener vermeintliche Millionärssohn, der am Ende zu einem der beiden wirklich erschreckenden Kriminalfälle beitragen wird, die der Erzähler recherchiert hat. Der Erzähler wiederum, der über rund 400 Seiten als alles sehende, alles wissende und alles kontextualisierende Instanz aufgetreten ist, erweist sich schließlich als eines der erwachsen gewordenen Kinder aus der Dean Street:
Es gab die, die abgehauen sind, und die, die geblieben sind; ich war einer von denen, die geblieben sind. Mehr will ich nicht verraten. Ich will lieber nicht deutlicher werden. Sagen wir einfach, ich bin für immer unter ihnen. Schwarzen, Braunen, Weißen, Jungen, Mädchen. Den Erinnerern und den Vergessern. Ich gehöre zu ihnen. Ich liebe sie zu sehr, um mehr sagen zu wollen.

Quelle: Jonathan Lethem – Der Fall Brooklyn

Eine Liebeserklärung an die Stadt. Manchmal nostalgisch, nie verklärend – und exzellent geschrieben: „Der Fall Brooklyn“ zeigt Jonathan Lethem endlich wieder in Bestform. Ein Stadtteil, der immer im Schatten des glamourösen Manhattan lag, wird zur Bühne für einen Reigen aus Träumen, Ängsten und sozialen Verwerfungen. Und was es mit den zersägten Münzen der beiden Vierzehnjährigen auf sich hat, wird hier selbstverständlich nicht verraten.
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