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Komponierte über 250 Werke: Die Bruckner-Schülerin Mathilde Kralik

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Vordergründig wohlwollende Kritik von Männern

Der mehrfach gegen Frauen polemisierende Wiener Kritiker-Papst Eduard Hanslick äußert sich 1878 über die Violinsonate der 20-jährigen Studentin Mathilde Kralik von Meyrswalden und bescheinigt ihr einen „fast männlichen Ernst“ – das ist als Kompliment gemeint. Ein Jahr später heißt es über die junge Komponistin im Allgemeinen Literatur-Anzeiger: „Für eine Damenarbeit auffallend knapp und gedrungen, klar, durchsichtig, ohne jedes überflüssige Wortgepränge.“ Diese vordergründig wohlwollende Kritik macht das Umfeld deutlich, in dem sich Mathilde Kralik von Meyrswalden bewegt. Widerstände und Widersprüche prägen ihr ganzes Leben: streng gläubig, kaisertreu und unverheiratet, wohlhabend geboren und verarmt gestorben, als Komponistin äußerst produktiv und lange Zeit vergessen.

Eine musikalische und reiche Familie

Geboren wird Mathilde Kralik am 3. Dezember 1857 in Linz an der Donau. Ihr Vater Wilhelm Kralik von Meyrswalden ist Glasfabrikant. Der wird von von Kaiser Franz Joseph I. mit dem Prädikat „Ritter von Meyrswalden“ in den Adelsstand gehoben. Im Elternhaus wird viel musiziert, Mathilde macht mit ihren Brüdern zusammen Hausmusik, sie ist eine sehr gute Pianistin und auch ihr kompositorisches Talent wird früh erkannt, die Eltern können sich für ihre Tochter den besten Privatunterricht leisten.

Private Musikausbildung

So nimmt Mathilde ab 1875 Klavier-Unterricht bei Professor Julius Epstein. Er erkennt das Potential in ihren Kompositionen und rät ihr zu Unterricht bei Anton Bruckner in Kontrapunkt. Nach einem Jahr als Bruckner-Schülerin macht Mathilde Kralik weiter am Wiener Konservatorium und steigt direkt in den zweiten Jahrgang in der Klasse von Franz Krenn ein. – Unter ihren Kommilitonen ist auch Gustav Mahler. In einem hochschulinternen Wettbewerb treten sie gegeneinander an – und gewinnen beide einen ersten Preis.

„Ein Kuss von Franz Liszt“

„Ein Kuss von Franz Liszt“ – so heißt das Buch, das Rochus Kralik von Meyrswalden über seine Urgroßtante Mathilde geschrieben hat. Der Titel geht auf ein Erlebnis aus ihrer Studienzeit zurück. Mathilde Kralik ist Klassensprecherin. Bei einem Besuch von Franz Liszt darf sie ihm einen Lorbeerkranz auf den Kopf setzen und spielt ihm am Klavier einen selbst komponierten Festmarsch vor. Er nimmt ihr daraufhin die Noten weg, spielt den Festmarsch selbst noch mal und gibt ihr danach einen Kuss auf die Stirn. „Einen typischen Weihekuss“, erzählt Rochus Kralik von Meyrswalden.
Als meinen hauptsächlichsten Lehrmeister betrachte ich Bach, für die modernen Formen interessiert mich primär Liszt.

Quelle: Mathilde Kralik in einer autobiografischen Notiz

Große Karriere bleibt ihr als Frau versagt

Mit oder ohne männlichen Weihekuss: Mathilde Kralik von Meyrswalden ist in Wien um die Jahrhundertwende eine geschätzte Pianistin, Komponistin und Veranstalterin von musikalischen Soiréen. Sie ist aktiv in vielen Musikvereinen, eine vielbeschäftigte Frau also. Doch im Gegensatz zur steilen Karriere ihres Kommilitonen Gustav Mahler fällt die Aufmerksamkeit auf ihre Musik trotz einiger Erfolge deutlich geringer aus. Besonders ärgerlich wird für sie ein offensichtliches Plagiat ihrer Oper „Blume und Weißblume“ – ein ehemaliger Pförtner eines Franziskanerklosters übernimmt 52 Seiten ihrer Oper und führt sie als Teil seiner eigenen Oper auf.

Bleibt unverheiratet und kinderlos

Mathilde Kralik ist sehr religiös und konservativ. Aber sie hat auch Briefkontakt zu der Frauenrechtlerin Rosa Mayreder, außerdem ist die Komponistin nicht verheiratet, hat keine Kinder und lebt von 1912 bis zu ihrem Tod 1944 mit einer Frau zusammen: Dr. Alice Scarlates. Wie hat das ihr Umfeld aufgenommen? Ihr Urgroßneffen Rochus Kralik von Meyrswalden weiß über Verwandte in Wien, dass man deswegen „durchaus etwas auf Distanz ging mit ihr“.

Stirbt arm, hinterlässt reichen Nachlass

Die einst reiche Musikerin hatte durch Anleihen im Ersten Weltkrieg ihr Vermögen verloren und lebt während ihrer letzten Lebensjahre in bescheidenen Verhältnissen. Der Nachwelt hinterlässt Mathilde Kralik von Meyrswalden über 250 Werke: Opern, Chor- und Kammermusik und viele Lieder. Aber auch eine Sinfonie in f-Moll, die revidiert sie grundlegend während des Zweiten Weltkriegs. Die Sinfonie endet mit einem Sopran-Hymnus „Das Land des Friedens sich enthüllt“. Eine Friedensutopie.
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Der mehrfach gegen Frauen polemisierende Wiener Kritiker-Papst Eduard Hanslick äußert sich 1878 über die Violinsonate der 20-jährigen Studentin Mathilde Kralik von Meyrswalden und bescheinigt ihr einen „fast männlichen Ernst“ – das ist als Kompliment gemeint. Ein Jahr später heißt es über die junge Komponistin im Allgemeinen Literatur-Anzeiger: „Für eine Damenarbeit auffallend knapp und gedrungen, klar, durchsichtig, ohne jedes überflüssige Wortgepränge.“ Diese vordergründig wohlwollende Kritik macht das Umfeld deutlich, in dem sich Mathilde Kralik von Meyrswalden bewegt. Widerstände und Widersprüche prägen ihr ganzes Leben: streng gläubig, kaisertreu und unverheiratet, wohlhabend geboren und verarmt gestorben, als Komponistin äußerst produktiv und lange Zeit vergessen.

Eine musikalische und reiche Familie

Geboren wird Mathilde Kralik am 3. Dezember 1857 in Linz an der Donau. Ihr Vater Wilhelm Kralik von Meyrswalden ist Glasfabrikant. Der wird von von Kaiser Franz Joseph I. mit dem Prädikat „Ritter von Meyrswalden“ in den Adelsstand gehoben. Im Elternhaus wird viel musiziert, Mathilde macht mit ihren Brüdern zusammen Hausmusik, sie ist eine sehr gute Pianistin und auch ihr kompositorisches Talent wird früh erkannt, die Eltern können sich für ihre Tochter den besten Privatunterricht leisten.

Private Musikausbildung

So nimmt Mathilde ab 1875 Klavier-Unterricht bei Professor Julius Epstein. Er erkennt das Potential in ihren Kompositionen und rät ihr zu Unterricht bei Anton Bruckner in Kontrapunkt. Nach einem Jahr als Bruckner-Schülerin macht Mathilde Kralik weiter am Wiener Konservatorium und steigt direkt in den zweiten Jahrgang in der Klasse von Franz Krenn ein. – Unter ihren Kommilitonen ist auch Gustav Mahler. In einem hochschulinternen Wettbewerb treten sie gegeneinander an – und gewinnen beide einen ersten Preis.

„Ein Kuss von Franz Liszt“

„Ein Kuss von Franz Liszt“ – so heißt das Buch, das Rochus Kralik von Meyrswalden über seine Urgroßtante Mathilde geschrieben hat. Der Titel geht auf ein Erlebnis aus ihrer Studienzeit zurück. Mathilde Kralik ist Klassensprecherin. Bei einem Besuch von Franz Liszt darf sie ihm einen Lorbeerkranz auf den Kopf setzen und spielt ihm am Klavier einen selbst komponierten Festmarsch vor. Er nimmt ihr daraufhin die Noten weg, spielt den Festmarsch selbst noch mal und gibt ihr danach einen Kuss auf die Stirn. „Einen typischen Weihekuss“, erzählt Rochus Kralik von Meyrswalden.
Als meinen hauptsächlichsten Lehrmeister betrachte ich Bach, für die modernen Formen interessiert mich primär Liszt.

Quelle: Mathilde Kralik in einer autobiografischen Notiz

Große Karriere bleibt ihr als Frau versagt

Mit oder ohne männlichen Weihekuss: Mathilde Kralik von Meyrswalden ist in Wien um die Jahrhundertwende eine geschätzte Pianistin, Komponistin und Veranstalterin von musikalischen Soiréen. Sie ist aktiv in vielen Musikvereinen, eine vielbeschäftigte Frau also. Doch im Gegensatz zur steilen Karriere ihres Kommilitonen Gustav Mahler fällt die Aufmerksamkeit auf ihre Musik trotz einiger Erfolge deutlich geringer aus. Besonders ärgerlich wird für sie ein offensichtliches Plagiat ihrer Oper „Blume und Weißblume“ – ein ehemaliger Pförtner eines Franziskanerklosters übernimmt 52 Seiten ihrer Oper und führt sie als Teil seiner eigenen Oper auf.

Bleibt unverheiratet und kinderlos

Mathilde Kralik ist sehr religiös und konservativ. Aber sie hat auch Briefkontakt zu der Frauenrechtlerin Rosa Mayreder, außerdem ist die Komponistin nicht verheiratet, hat keine Kinder und lebt von 1912 bis zu ihrem Tod 1944 mit einer Frau zusammen: Dr. Alice Scarlates. Wie hat das ihr Umfeld aufgenommen? Ihr Urgroßneffen Rochus Kralik von Meyrswalden weiß über Verwandte in Wien, dass man deswegen „durchaus etwas auf Distanz ging mit ihr“.

Stirbt arm, hinterlässt reichen Nachlass

Die einst reiche Musikerin hatte durch Anleihen im Ersten Weltkrieg ihr Vermögen verloren und lebt während ihrer letzten Lebensjahre in bescheidenen Verhältnissen. Der Nachwelt hinterlässt Mathilde Kralik von Meyrswalden über 250 Werke: Opern, Chor- und Kammermusik und viele Lieder. Aber auch eine Sinfonie in f-Moll, die revidiert sie grundlegend während des Zweiten Weltkriegs. Die Sinfonie endet mit einem Sopran-Hymnus „Das Land des Friedens sich enthüllt“. Eine Friedensutopie.
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