Daniel Kehlmann (Hg.) – Mascha Kaléko. Ich tat die Augen auf und sah das Helle
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Mir ist zuweilen so als ob Das Herz in mir zerbrach. Ich habe manchmal Heimweh. Ich weiß nur nicht, wonach ...Quelle: Daniel Kehlmann (Hg.) – Mascha Kaléko. Ich tat die Augen auf und sah das Helle
Exil ohne Ende
In diesen Versen zeigt sich die Dramatik des Lebens von Mascha Kaléko, denn für sie nahm das Exil als Zustand und Gefühl nie mehr ein Ende. Trotzdem geriet ihr Werk nicht so in Vergessenheit, wie gelegentlich beklagt wird. Nach dem Krieg hatte sie immer wieder Auftritte in der Bundesrepublik. Nach ihrem Tod gab es Neuauflagen, und 2012 erschien bei dtv eine vierbändige Ge-samtausgabe. Darauf basiert der schöne Auswahlband, den Daniel Kehlmann nun zum 50. Todestag der Dichterin zusammengestellt und mit einem Vorwort versehen hat. Er trägt als Titel die Gedichtzeile "Ich tat die Augen auf und sah das Helle".Eine Großstadtlerche im Dichterwald
Begonnen hatte alles mit einem fulminanten Start. Bereits mit Anfang zwanzig stieg Mascha Kaléko vom Bürofräulein zur jungen Dichterin auf. Sie beherrschte den Stil der Neuen Sachlichkeit, genauso verstand sie sich jedoch auf ganz eigene Tonlagen zwi-schen Sarkasmus, Ironie und Wehmut, wenn sie das Großstadtleben der zwanziger Jahre in Verse fasste.Ein Kinoliebling lächelt auf Reklamen für Chlorodont und sieht hygienisch aus. Ein paar sehr heftig retuschierte Damen blühn bunt am Hauptportal vorm Lichtspielhaus.Mascha Kalékos Gedichte erschienen in den führenden Berliner Feuilletons, sie wurden auf Kabarettbühnen gesungen und von der Verfasserin selbst mit viel Lampenfieber vorgetragen. "Ich sang einst im deutschen Dichterwald, / Abteilung für Großstadtler-chen", schrieb sie später. Sie konnte so abgebrüht sein wie Erich Kästner, mit dem sie oft verglichen wurde, und von den neuen Frauen jener Zeit verstand sie ebenso viel wie Irmgard Keun. Den "nächsten Morgen" nach einer illusionslosen Liebesnacht beschreibt sie so:Quelle: Daniel Kehlmann (Hg.) – Mascha Kaléko. Ich tat die Augen auf und sah das Helle
Ich zog mich an. Du prüftest meine Beine. - Es roch nach längst getrunkenem Kaffee. Ich ging zur Tür. Mein Dienst begann um neune. Mir ahnte viel ... Doch sagt' ich nur das Eine: »Ich glaub', jetzt ist es höchste Zeit! Ich geh ...«Quelle: Daniel Kehlmann (Hg.) – Mascha Kaléko. Ich tat die Augen auf und sah das Helle
1933 war es vorbei mit der Leichtigkeit
Die "paar leuchtenden Jahre", wie sie ihre Berliner Zeit nannte, waren 1933 vorbei, obwohl es noch eine Weile dauerte, bis die Nazis in Mascha Kaléko die Jüdin und ihr literarisches Feindbild, die "Asphaltliteratin" identifizierten. 1938 floh sie mit Mann und Sohn in die USA und verdiente Geld mit Reklametexten. Von da an überwogen in ihren Gedichten die melancholischen Töne, die wehmütigen Rückblicke, die bitteren Nuancen. Naturbilder wurden für sie gleichermaßen zu Symbolen für das Leiden an Deutschland wie das Heimweh danach. Im Gedenken an die Opfer der Nazis beschrieb sie deutsche Eichen und Äcker als hassenswert. Viel öfter aber waren es die Dramatik von Exil und Fremdheit, die sie in Naturszenen spiegelte. Im Gedicht "Herbstlicher Vers" heißt es:Nun schickt der Herr das Leuchten in die Wälder. Grellbunte Brände lodert jedes Blatt. Wie welkt das Herz dem wandermüden Fremden, Der nur die Einsamkeit zur Heimat hat.Auch wenn Mascha Kaléko nicht zu den ganz großen sondern, wie sie selbst sagte, zu den "zweitbesten Namen" zählt, wird niemand, der einmal davon gehört hat, ihre Verse und ihr Schicksal vergessen.Quelle: Daniel Kehlmann (Hg.) – Mascha Kaléko. Ich tat die Augen auf und sah das Helle
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