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"Sprachlos zurückgelassen" - Karl Schlögel bei Carolin Emcke über den US-Präsidentschaftswahlkampf

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Das TV-Duell zwischen Kamala Harris und Donald Trump am 10. September könnte dem Wahlkampf in den USA eine neue Richtung geben. Im direkten Vergleich können die Wählerinnen und Wähler in den USA beurteilen, welcher der Präsidentschaftskandidaten ihnen besser gefällt und wer ihrer Meinung nach bessere Antworten auf die aktuellen politischen Fragen hat. Ein wichtiger Moment in einem Wahlkampf, der zuletzt durch die kurzfristige Nominierung von Kamala Harris neuen Schwung bekommen hat.

Da der Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch deren internationale Beziehungen beeinflussen wird, spricht Carolin Emcke in dieser Folge von "In aller Ruhe" mit dem Historiker Karl Schlögel. Dieser war schon einmal zu Gast im Podcast, damals zu einem Gespräch über Putin und den Krieg in der Ukraine. _ Hinweis: Das Gespräch ist am Mittwoch, 28. August, geführt worden._

Schlögel, geboren 1948 im Unterallgäu, ist Autor mehrerer Bücher und gilt als einer der besten Kenner Russlands. Doch auch die Vereinigten Staaten interessieren den Historiker, sozusagen als Gegenpol zu seinem Hauptforschungsfeld, der Sowjetunion. Ausgehend von seinen vielen Reisen in das Land, beschreibt Schlögel in seinem viel beachteten Buch "American Matrix. Besichtigungen einer Epoche" die großen Leitlinien des 20. Jahrhunderts in den USA. Dabei mischt er persönliche Reiseerfahrungen mit historischem Wissen und verflechtet die Geschichte der USA mit jener der Sowjetunion.

Ein verunsichertes Land, das seine Rolle neu definieren muss

Im Gespräch mit Carolin Emcke erklärt Schlögel, dass sein Interesse an dem Land in großen Teilen aus einer "schockhaften Erfahrung" entstanden ist. Als er das Land zum ersten Mal bereiste, hatten ihn besonders die Weite des Landes sowie die vielen monumentalen amerikanischen Bauten fasziniert. Bis heute treibe ihn die Frage um, wie es den Amerikanern gelungen sei, "diesen riesigen Raum zu durchdringen und lebbar zu machen". Ähnlich fasziniert Karl Schlögel auch die amerikanische Fähigkeit zum Neubeginn, etwa nach radikalen Naturereignissen.

Doch trotz aller Faszination ist Schlögel auch ernüchtert von der aktuellen politischen Situation der Vereinigten Staaten. Im Podcast erläutert er, dass er sich deshalb in seinem Buch explizit nicht mit dem gegenwärtigen, sondern mit einem vergangenen Amerika beschäftigt hat. Das Land befindet sich nach seiner Auffassung in einer "Phase der Verunsicherung". Es fehle schlicht an Personen, die fähig sind, die Fragen der Zeit zu behandeln – und die Rolle des Landes nach dem Ende des Kalten Krieges neu zu definieren.

Ein richtungsweisender Wahlkampf

Dass Kamala Harris so eine Person sein könnte, diese Hoffnung teilen Carolin Emcke und Karl Schlögel, die sich einig sind, dass Harris’ Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin neue Hoffnung in die amerikanische Demokratie gebe. "Man sitzt vor dem Fernsehbildschirm und ist tief bewegt", sagt Schlögel, der auch von der rhetorischen Finesse der Reden beim Parteitag der Demokraten beeindruckt ist. Es habe auf dem Parteitag viele Momente gegeben, in denen „dieses Amerika eine Sprache gefunden hat, die den anderen in gewisser Weise sprachlos zurückgelassen hat.“ Trotz allem Optimismus spricht Karl Schlögel allerdings auch eine Warnung aus, vor der möglichen "Schubkraft" dieser Sprachlosigkeit: Sie könnte Trump und seine Anhänger zu einer bisher nicht dagewesenen Aggressivität verleiten, befürchtet der Historiker.

Ob es so kommen wird, wird sich beim TV-Duell Trump gegen Harris am 10. September zeigen. Allerdings, auch das betont der Historiker im Podcast, sei das nur ein Auftakt mit Hinblick auf eine Zeit nach der Wahl. „Es stehen Entscheidungen an, in denen es auch um die Selbstbehauptung und das Selbstverständnis Amerikas geht.“

Empfehlung von Karl Schlögel

Bei seinem Kulturtipp bleibt Karl Schlögel seinem Kernthema Osteuropa treu. Er empfiehlt ein Buch des amerikanischen Historikers Benjamin Nathans, das Anfang August 2024 erschienen ist: "To the Success of our Hopeless Cause. The Many Lives of the Soviet Dissident Movement". Nathans erzählt darin vom Werdegang jüdischer Dissidentinnen und Dissidenten in der Sowjetunion. Es ist die wahre Geschichte einer Bewegung, von der niemand geglaubt hat, sie würde je eine Chance haben, zu überdauern. Und doch war sie erfolgreich.

Moderation, Redaktion: Carolin Emcke

Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt, Johannes Korsche

Produktion: Jakob Arnu

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Da der Ausgang der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern auch deren internationale Beziehungen beeinflussen wird, spricht Carolin Emcke in dieser Folge von "In aller Ruhe" mit dem Historiker Karl Schlögel. Dieser war schon einmal zu Gast im Podcast, damals zu einem Gespräch über Putin und den Krieg in der Ukraine. _ Hinweis: Das Gespräch ist am Mittwoch, 28. August, geführt worden._

Schlögel, geboren 1948 im Unterallgäu, ist Autor mehrerer Bücher und gilt als einer der besten Kenner Russlands. Doch auch die Vereinigten Staaten interessieren den Historiker, sozusagen als Gegenpol zu seinem Hauptforschungsfeld, der Sowjetunion. Ausgehend von seinen vielen Reisen in das Land, beschreibt Schlögel in seinem viel beachteten Buch "American Matrix. Besichtigungen einer Epoche" die großen Leitlinien des 20. Jahrhunderts in den USA. Dabei mischt er persönliche Reiseerfahrungen mit historischem Wissen und verflechtet die Geschichte der USA mit jener der Sowjetunion.

Ein verunsichertes Land, das seine Rolle neu definieren muss

Im Gespräch mit Carolin Emcke erklärt Schlögel, dass sein Interesse an dem Land in großen Teilen aus einer "schockhaften Erfahrung" entstanden ist. Als er das Land zum ersten Mal bereiste, hatten ihn besonders die Weite des Landes sowie die vielen monumentalen amerikanischen Bauten fasziniert. Bis heute treibe ihn die Frage um, wie es den Amerikanern gelungen sei, "diesen riesigen Raum zu durchdringen und lebbar zu machen". Ähnlich fasziniert Karl Schlögel auch die amerikanische Fähigkeit zum Neubeginn, etwa nach radikalen Naturereignissen.

Doch trotz aller Faszination ist Schlögel auch ernüchtert von der aktuellen politischen Situation der Vereinigten Staaten. Im Podcast erläutert er, dass er sich deshalb in seinem Buch explizit nicht mit dem gegenwärtigen, sondern mit einem vergangenen Amerika beschäftigt hat. Das Land befindet sich nach seiner Auffassung in einer "Phase der Verunsicherung". Es fehle schlicht an Personen, die fähig sind, die Fragen der Zeit zu behandeln – und die Rolle des Landes nach dem Ende des Kalten Krieges neu zu definieren.

Ein richtungsweisender Wahlkampf

Dass Kamala Harris so eine Person sein könnte, diese Hoffnung teilen Carolin Emcke und Karl Schlögel, die sich einig sind, dass Harris’ Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin neue Hoffnung in die amerikanische Demokratie gebe. "Man sitzt vor dem Fernsehbildschirm und ist tief bewegt", sagt Schlögel, der auch von der rhetorischen Finesse der Reden beim Parteitag der Demokraten beeindruckt ist. Es habe auf dem Parteitag viele Momente gegeben, in denen „dieses Amerika eine Sprache gefunden hat, die den anderen in gewisser Weise sprachlos zurückgelassen hat.“ Trotz allem Optimismus spricht Karl Schlögel allerdings auch eine Warnung aus, vor der möglichen "Schubkraft" dieser Sprachlosigkeit: Sie könnte Trump und seine Anhänger zu einer bisher nicht dagewesenen Aggressivität verleiten, befürchtet der Historiker.

Ob es so kommen wird, wird sich beim TV-Duell Trump gegen Harris am 10. September zeigen. Allerdings, auch das betont der Historiker im Podcast, sei das nur ein Auftakt mit Hinblick auf eine Zeit nach der Wahl. „Es stehen Entscheidungen an, in denen es auch um die Selbstbehauptung und das Selbstverständnis Amerikas geht.“

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