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1 Bobby Pulido on Finding Stardom After Tejano's Golden Age 41:35
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41:35The tejano music superstar on hit-making after the nineties golden age, the “profound sadness” in the industry after Selena’s death, and how he found his singing voice again. Audio subscribers to Texas Monthly can listen to episodes one week early, and get access to exclusive bonus material. Visit texasmonthly.com/audio to learn more. For more Texas Monthly productions, visit texasmonthly.com/podcasts.…
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Ende November beschloss[ 1 ] das australische Parlament mit überwältigender Mehrheit ein Gesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Nutzung von Social Media verbietet.[ 2 ] Medien wie TikTok , Facebook , Snapchat , Reddit , X und Instagram müssen mit Strafen von bis zu 50 Millionen Australische Dollar – das entspricht etwa 30 Millionen Euro – rechnen, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Die Konzerne haben jetzt ein Jahr Zeit, ihre Systeme so einzurichten, dass Jugendlichen und Kindern unter 16 die Nutzung nicht mehr möglich ist. Laut Umfragen befürworten 77 Prozent der Australier diese Maßnahmen.[ 3 ] Von Christian Kreiß . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Im Vorfeld der Entscheidung fand im Oktober 2024 ein Gipfeltreffen mit australischen Führungskräften und Politikern statt. Dort führte der renommierte amerikanische Psychologe Jonathan Haidt aus: „Was wir derzeit erleben … ist die die größte Vernichtung von Humankapital und Humanpotenzial in der Menschheitsgeschichte“ durch Social Media.[ 4 ] Haidt drängte die australische Regierung, „die sozialen Medien-„Monster“ zu schlachten, die die Tech-Giganten seines Heimatlandes geschaffen“ hätten. Australien solle auf den Weg führen, das Schlamassel (the „mess“) aufzuräumen, das Amerika für die Welt angerichtet habe. Die derzeitige exzessive Nutzung der Social Media wie Meta Snap und ByteDance führe dazu, dass Kinder mit gewalttätigen, sexuellen sowie raubtierhaften, rücksichtslosen („predatory“) Inhalten konfrontiert würden – mit negativen Auswirkungen auf die Erziehung, die geistige Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden. Die Konzerne würden niemals etwas dagegen unternehmen, wenn sie nicht gesetzlich dazu gezwungen würden. Das bestätigen ausführliche Untersuchungen zu Facebook und Mark Zuckerberg. Die dunkle Seite von Facebook, Instagram und Mark Zuckerberg Bereits ab September 2021 veröffentlichte das Wall Street Journal eine ungewöhnlich umfangreiche Artikelserie zu Facebook . Dem Journal waren interne Unterlagen des Medienkonzerns zugespielt worden, die unter anderem die stark negativen Auswirkungen von Instagram auf die geistig-seelische Gesundheit insbesondere junger Mädchen aufzeigen.[ 5 ] Laut den internen Unterlagen wussten Facebook und Mark Zuckerberg beispielsweise, dass 32 Prozent der Teenagerinnen sich nach Instagram schlechter fühlten, wenn sie sich bereits vorher schlecht gefühlt hatten. „Vergleiche auf Instagram können verändern, wie sich junge Frauen sehen und sich selbst beschreiben.“ Außerdem wusste Facebook demnach genau, dass Instagram süchtig macht. In der Öffentlichkeit hätten aber Mark Zuckerberg und andere Führungskräfte von Facebook immer wieder betont, dass die Forschungsergebnisse nicht eindeutig seien, dass Facebook wenig schädlich sei und auch viele vorteilhafte Einflüsse habe. Ein US-Senator meinte, Facebook habe die Blaupause von Big Tobacco übernommen – Teenager mit gefährlichen Produkten ködern und gleichzeitig in der Öffentlichkeit die wissenschaftlichen Ergebnisse verheimlichen. Die US-amerikanische Psychologie-Professorin Jean Twenge führte aus: Zu glauben, dass ein Tabakkonzern ehrlicher mit dem Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs umgehen solle, sei ebenso naiv wie zu glauben, dass Facebook ehrlicher mit dem Zusammenhang von Instagram und Depressionen von Teenagerinnen umgehen solle. Der Leiter des US-Gesundheitswesens empfiehlt: Keine Nutzung von Social Media unter 16 Auch andere führende US-Wissenschaftler bestätigen die Aussagen von Jonathan Haidt. Mitte Juni 2023 erschien im Wall Street Journal ein Artikel mit der Überschrift: „Warum 16 das Mindestalter für Social Media sein sollte – Ein Plädoyer, Tiktok, Snapchat und Instagram für Kinder unter 16 zu verbieten“.[ 6 ] Da die Schäden von Social Media die Nutzen überwögen und da die bestehenden Gesetze Marketing und Datensammeln schützten, nicht die Sicherheit für Kinder, empfahl die Zeitung, analog dem Autofahren Kindern erst ab 16 Jahren die Nutzung von Social Media zu erlauben. Das Wirtschaftsjournal berief sich dabei auf die Aussagen des Arztes Vivek Murthy. Vivek Murthy ist nicht irgendwer. Er ist Leiter des US-Gesundheitswesens („Surgeon General“) und will seinen eigenen Kindern, 5 und 6 Jahre alt, vor 16 keinen Zugang zu Social Media geben. Es gebe viele wissenschaftliche Hinweise darauf, dass die Nutzung von Social Media ab 10 Jahren zu der derzeitigen Youth Mental Health Crisis beitrügen. Murthy sieht diese als die derzeit größte Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen an. Ärzte und Politiker seien sich einig, dass 13 für die Nutzung von Social Media zu jung sei. Unter 16 seien die Jugendlichen viel zu empfindlich für Gruppendruck, Meinungen und Vergleiche. Das Gehirn sei in diesem frühen Lebensalter in seiner Entwicklung noch viel zu verwundbar, um es den Social Media auszusetzen. Das sind überraschende Aussagen für ein Wirtschaftsjournal, das sich für einen möglichst freien Kapitalismus einsetzt. Umfang des Medienkonsums in Deutschland In einem vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Bericht von Oktober 2022 zu den Folgen der Corona-Zeit auf den Substanz- und Medienkonsum[ 7 ] heißt es, dass während der Corona-Zeit eine deutliche Zunahme des Medienkonsums von Jugendlichen (14-17 Jahre) und jungen Menschen (18-21 Jahre) in Deutschland stattgefunden habe. Er betrage bei Jugendlichen derzeit fünf Stunden pro Tag an einem typischen Wochentag (Schultag, Arbeitstag) und knapp sieben Stunden an freien Tagen. Sieben Stunden. Das ist fast die Hälfte der wachen Tageszeit. 2015 waren es noch knapp drei Stunden gewesen (166 Minuten täglich).[ 8 ] Etwa 60 Prozent der Jugendlichen und 57 Prozent der jungen Erwachsenen zeigten demnach „ein problematisches Internetnutzungsverhalten“. Das betrifft Mädchen bzw. Frauen häufiger als Jungen: Bei den Mädchen zeigen 67,7 Prozent, bei den Jungen 50,5 Prozent ein Internet-Suchtverhalten, bei den jungen Frauen 63,6 Prozent, bei den jungen Männern 49,4 Prozent. Kurz: Drei von fünf Jugendlichen in Deutschland im Alter von 14 bis 17 zeigen derzeit ein „problematisches Internetnutzungsverhalten“. Welche Auswirkungen hat diese übermäßige, zwanghafte Internetnutzung? Mediennutzung und seelische Belastungen von Mädchen und jungen Frauen Seit etwa 2015 zeichnet sich ein Trend zur Verschlechterung der geistig-seelischen Gesundheit junger Mädchen ab, die zu stark steigenden Selbstmorden und Selbstverstümmelung führt. Die Statistiken sprechen eine beeindruckende Sprache. Seit 2010 sind laut Economist in 11 Ländern die Krankenhausaufenthalte von Teenagerinnen wegen Selbstverstümmelung um 143 Prozent gestiegen. Bei Jungen stiegen sie um 49 Prozent. Als Hauptgrund dafür wird die stark zunehmende Nutzung von Social Media, insbesondere Instagram genannt. Smartphones sind demnach besonders gefährlich für Mädchen, weil Jungs sich mehr mit Videospielen beschäftigen und weniger mit „depressions-erzeugenden Social Media“. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass Social Media Trauer und Angst bei Teenagern erzeugen können.[ 9 ] Laut dem Guardian , der sich Anfang 2021 auf eine Studie des British Journal of Psychiatry bezieht, haben in Großbritannien 7 Prozent aller Kinder mit 17 Jahren einen Selbstmordversuch begangen und fast jeder Vierte beging einen Akt der Selbstverstümmelung im letzten Jahr. Davon waren besonders Mädchen betroffen. Als ein Grund wird genannt, dass „Social Media ein toxisches Umfeld“ sein können.[ 10 ] Im britischen Oberhaus gab es Anfang 2022 angesichts der steigenden Fallzahlen von Suiziden und Selbstverstümmelungen bei Mädchen eine umfangreiche Anfrage darüber, „welche Rolle Social Media beim Tod von Kindern in Großbritannien spielten, inklusive Selbstmorde, Selbstverstümmelung und Mord“.[ 11 ] Auswirkungen der Mediennutzung auf unsere Jungs Jungs nutzen teilweise andere Arten von Social Media, andere Computerspiele und sie reagieren meist auch anders als Mädchen auf Mediennutzung. Während Jungs die Aggression stärker nach außen leben, reagieren Mädchen oft mit Aggression nach innen (Autoaggression). Kriegs- und Killer-Simulationen wie Fortnite[ 12 ], World of Warcraft, Call of Duty[ 13 ] und so weiter werden mehrheitlich von Jungs und jungen Männern gespielt. In seinem Film Fahrenheit 9/11 zeigte Michael Moore bereits 2004, wie im US-Militär junge Soldaten durch solche Spiele auf Kampfeinsätze im Krieg vorbereitet wurden. Diese Art von Kriegsspielen werden demnach von den militärischen Vorgesetzten gezielt eingesetzt, um die jungen Männer gefühllos und unempathisch zu machen, um ihnen Mitleid abzuerziehen, um gegenüberstehende Soldaten nicht mehr als Mensch, sondern als zu eliminierenden Feind anzusehen. Aus Soldaten- bzw. Kriegssicht macht das Sinn. Soldaten sollen in Kampfeinsätzen töten, dazu sind Mitleid und Empathie hinderlich. Soldaten sollen zu Kampfmaschinen erzogen werden. Skrupel zu schießen, zu töten, sollen durch solche Spiele aberzogen werden. Kurz: Diese Spiele werden zur Förderung von Skrupellosigkeit, zur Entmenschlichung und zur Verrohung verwendet. Die professionellen Ausbilder von Soldaten wissen ganz genau, was sie da tun und warum sie es tun. Umso erstaunlicher ist es, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen in größtmöglichem Umfang und ohne nennenswerte öffentliche Diskussion diese Killer„spiele“ „spielen“ lassen. Altersschranken werden oft umgangen. Häufig spielen bereits Zehnjährige diese Art von Killer- und Ego-Shooter-Spielen. Was geschieht da in den Seelen unserer Kinder? Schon erwachsene Männer, US-Soldaten, sprechen offenbar auf diese Art Verrohung an und werden unmenschlicher. Um wieviel mehr trifft das auf Minderjährige zu? Je früher unsere Kinder in diese Art Killerspiele eintauchen, je länger sie am Bildschirm töten, je weiter verbreitet diese Art Fun-Beschäftigung ist, desto mehr werden sie zur Unmenschlichkeit erzogen. Ich befürchte, dass nach ein paar Kohorten von Kindern und Jugendlichen, die mit diesen entseelenden Spielen besonders früh angefixt wurden, schlimme gesellschaftliche Folgen auf uns zukommen. Aggression, Rücksichtslosigkeit, Egoismus, aber auch Suchtverhalten und Krankheit werden meiner Einschätzung nach dadurch massiv gefördert. Unsere Kinder und Jugendlichen werden ja allein durch Fortnite bereits heute zu hunderten Millionen auf den Krieg aller gegen alle eingeschworen und vorbereitet. Durch Fortnite, das mit höchster Intelligenz, brillantem Design und genialem Marketing arbeitet, ist es erstmalig gelungen, Legionen von Minderjährigen so früh für gegenseitiges Umbringen zu begeistern wie nie zuvor. Bei Millionen von jungen Männern werden dadurch meiner Meinung nach die Moralstandards gesenkt. Verminderung der Denkfähigkeit durch die Social Media Das ständige schnelle Wischen bei TikTok , Instagram , Facebook & Co. sowie die ungeheuer kurzen Konzentrationsspannen sorgen darüber hinaus m.E. dafür, dass die Denkfähigkeit unserer Kinder und Jugendlichen dramatisch reduziert wird. Die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, geistige Fäden zusammenzuziehen und etwas in Ruhe und Gründlichkeit zu durchdenken, wird durch das ständige schnell-schnell der Social Media unterminiert. Sind wir schon heute nicht mehr in der Lage, einen Flughafen in Berlin zu bauen, Züge pünktlich zum Fahren zu bringen oder Bahnhöfe mit den vorhergesagten Kosten und im vorhergesagten Zeitraum zu bauen (das Desaster Stuttgart 21): wie wird das erst in einer Generation aussehen? Ich denke, dann werden uns die Australier, denen der Schaden durch die Asozialen Medien in der Kindheit und Jugend erspart bleibt, bei Weitem überlegen sein, sowohl auf kognitivem wie auf sozialem und wirtschaftlichem Gebiet. E-Sport-Verharmlosung Die Verharmlosung dieser Prozesse wird von den Lobbyisten der Branche aktiv und bewusst vorangetrieben. Vor dem Bildschirm verbrachte Zeit ist das Gegenteil von Bewegung, Gymnastik und Sport. Begriffe und Benennungen sind wichtig für die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, unter anderem bei Eltern. Wettbewerbe bei Kriegs- und Killer-Simulationen wie Counter Strike oder Fortnite als „E-Sport“[ 14 ], also elektronischen „Sport“ zu labeln ist ein geschickter Schachzug der Lobbyisten und eine exakte Verdrehung der Wahrheit. Das sagt viel aus über unsere Moralstandards, besser: die Doppelmoral, die hier vorherrscht. Die derzeitige rot-grün-gelbe deutsche Bundesregierung plant laut Koalitionsvertrag, E-Sport den Gemeinnützigkeitscharakter zu verschaffen[ 15 ] und damit also unsere Kinder krankmachende Prozesse durch Steuerprivilegien zu fördern. Auswirkungen In dem Maße, in dem die Gesundheit sinkt, vermindert sich die Arbeitskraft und wir müssen darüber hinaus zusätzliche Ressourcen in das Gesundheitswesen stecken. Das vermindert unsere reale Wirtschaftskraft und unseren Lebensstandard. Wenn Moral und Ethik verfallen, setzen Gegenmechanismen ein, die von außen herbeiführen sollen, was von innen zerfällt: Statt, dass man sich intuitiv an Normen und Regeln hält, dass man sich anständig und ehrlich verhält, kommt dann der Versuch, Regeln und Gesetze über Polizeigewalt, Security, Überwachungskameras usw., über äußeren Zwang, Druck, Abschreckung und Furcht durchzusetzen. Das führt zu einer realen Abnahme unseres Wohlstandes wegen steigender unproduktiver Tätigkeiten. Der gesamtgesellschaftliche Schaden geht aber weit über stagnierende oder sinkende Wirtschaftskraft hinaus. Mit Blick auf die massiven schädlichen Einflüsse, denen unsere Jugend seit nicht einmal 20 Jahren über die elektronischen Medien ausgesetzt wird, sind wir momentan offenbar auf dem besten Weg dorthin. Endlich eine ganz einfache Gegenmaßnahme ergreifen Daher sollten wir dringend dem australischen Weg folgen, die Nutzung der Asozialen Medien unter 16 verbieten und damit die größte Vernichtung von Humankapital in der Menschheitsgeschichte zu stoppen. Titelbild: SB Arts Media/shutterstock.com [ «1 ] Der Artikel gibt über weite Strecken Aussagen meines im August 2023 erschienenen Buches „Das Ende des Wirtschaftswachstums – Die sozialen und ökonomischen Folgen mangelnder Ethik und Moral“, tredition, Hamburg, wieder, das hier kostenlos komplett heruntergeladen werden kann . [ «2 ] apnews.com/article/australia-social-media-children-ban-safeguarding-harm-accounts-d0cde2603bdbc7167801da1d00ecd056 [ «3 ] findanexpert.unimelb.edu.au/news/95876-under-16-social-media-ban-supported-by-77-as-economic- sentiment-lifts [ «4 ] abc.net.au/news/2024-10-11/social-media-summit-told-of-need-for-global-crackdown/104459420 [ «5 ] wsj.com/articles/the-facebook-files-11631713039 [ «6 ] 13.Juni 2023: wsj.com/articles/the-case-for-banning-tiktok-snapchat-and-instagram-for-kids-under-16-37f63180 [ «7 ] bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Drogen_und_Sucht/Berichte/Abschlussbericht/ACoSuM_Abschlussbericht_bf.pdf [ «8 ] drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Drogenbeauftragte/Drogen_und_Suchtbericht/pdf/DSB-2018.pdf [ «9 ] Economist 3rd May 2023: economist.com/graphic-detail/2023/05/03/suicide-rates-for-girls-are-rising-are-smartphones-to-blame [ «10 ] theguardian.com/society/2021/feb/21/uk-17-year-olds-mental-health-crisis [ «11 ] lordslibrary.parliament.uk/social-media-potential-harm-to-children/ [ «12 ] Bei fortnite gibt es etwa 28 Prozent weibliche Nutzerinnen: cybercrew.uk/blog/how-many-people-play-fortnite/ [ «13 ] reddit.com/r/Games/comments/2xancg/gender_and_computer_game_players_who_seems_to/ : „80 per cent of gamers who play Call of Duty are male (with those aged 15 to 19 accounting for 20 per cent of all players). And, despite the age restrictions, one in five of all players (21 per cent) are aged 10 to 14.“ [ «14 ] de.wikipedia.org/wiki/E-Sport [ «15 ] iwd.de/artikel/e-sport-begeistert-millionen-556635/…
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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Bis zur Bundestagswahl werden die Bürger noch eine massive Meinungsmache für NATO-Interessen erleben. Die Vorgeschichte des Ukrainekriegs wird dabei weiterhin skrupellos verzerrt. Von Bernhard Trautvetter. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die Öffentlichkeit wird bis zum Wahltag am 23. Februar 2025 verstärkt mit selektiven Nachrichten , also mit Desinformation indoktriniert werden. Das geschieht auch in der Verkleidung vorgetäuschter demokratischer Aufklärung . Die Wahl zwischen den traditionellen Parteien bietet in dieser Frage keine grundsätzliche Alternative, denn sie sind sich in der einseitigen Sicht einig, nur Russland sei die Gefahr und Aufrüstung die Quelle der Sicherheit und der Freiheit. Die Wahl bei den „etablierten“ Parteien wird dann die sein zwischen der Lüge einer notwendigen Kriegstüchtigkeit und der Unwahrheit, Waffen würden Frieden bringen . Die Bündnisgrünen schreiben auf ihrer Web-Startseite unter ›Sicherheit, Frieden, Abrüstung‹: „ Frieden und Sicherheit sind angesichts der weltweiten Krisen und Kriege und der sich zuspitzenden Auseinandersetzung von Autokraten und Demokratien keine Selbstverständlichkeit. (…) Das zeigt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Deutschland muss in der Lage sein, sich und seine Partner zu verteidigen. “ Ähnlich klingen die Worte von Olaf Scholz am 4. Dezember im Bundestag , denen zufolge der „brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine“ anhält; Olaf Scholz fügte an, dass Deutschland die Ukraine bei ihrem Kampf um Unabhängigkeit und Souveränität unterstütze. Dazu passend erklärt die CDU unter dem Motto »Für ein Europa, das schützt und nützt« , die „Sicherheit wird herausgefordert: durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine …“ Die Eröffnung der Kirche „Notre Dame“ in Paris brachte ein Treffen von Donald Trump mit Wolodymyr Selenskyj mit sich, bei dem Selenskyj seine Freude ausdrückte: „Wir alle wollen, dass dieser Krieg so bald wie möglich und auf gerechte Weise beendet wird“. Das Wort ‚gerecht‘ heißt für Selenskyj den Sieg über Russland und eine NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine. Es wird immer wieder der Vorwurf erhoben, russische Desinformation untergrabe die Demokratie in Europa und sei ein Instrument hybrider Kriegsführung der Diktatur des Despoten im Osten. Auch Akteure wie die Bundeszentrale für politische Bildung beteiligen sich an dieser Darstellungsweise: „ Putins Führerdiktatur nähert sich zunehmend einer totalitären Herrschaft an. Die ›Nationalisierung der Eliten‹, Repressionen sowie die Militarisierung von Staat und Gesellschaft werden vorangetrieben. “ Das Bundesverteidigungsministerium triumphiert : „ Seit Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor gut zwei Jahren begann, ist die Bundeswehr ins Zentrum öffentlichen Interesses gerückt … Für die deutsche Bevölkerung ist Russland nach wie vor eine Bedrohung für die Sicherheit des eigenen Landes. Darum spricht sich eine Mehrheit für die Ertüchtigung der Bundeswehr aus, denn das Schutzbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger ist nach wie vor groß. “ Mit solchen Äußerungen unterstellt das Ministerium Russland einen für uns gefährlichen Expansionsdrang, der auch auf Deutschland zielt , da in Moskau „ein super-aggressives, gewaltbereites, kleptokratisches Mafia-Regime“ herrsche, wie es die ehemalige NATO-Führungs-Expertin Babst ausdrückt. Wenn mit dieser Propaganda sogenannte Verteidigung zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erklärt wird, folgen Konsequenzen in Form von Einschnitten für die soziale Sicherheit, die Kultur, Gesundheit und Bildung, was im Wahlkampf spürbar werden wird, auch wenn es die NATO-Lobby ausblendet. Der Widerstand dagegen wird durch die Meinungsmache minimiert, der ARD-Deutschlandtrend berichtete im Dezember 2024, dass z.B. auch der Klimaschutz deutlich an Bedeutung verloren hat. Zentrale Hintergründe des Ukraine-Krieges werden von der Propaganda der NATO-Lobby ausgeblendet, die NATO-Ostexpansion ist der wirkliche Grund für den Ukraine-Krieg. Hintergründe: Jens Stoltenberg erklärte im September 2023 im EU-Parlament, dass Russland mit der Invasion in die Ukraine verhindern wollte, dass die NATO mit militärischer Infrastruktur bis an die Westgrenze Russlands heranrückt . Die NATO-Ostexpansion stellt allen Beschönigungen zum Trotz keine Open-door -Politik dar, die die NATO alleine entscheiden darf. Sie widerspricht dem internationalen Recht . Die NATO hat den Wortbruch seit dem Versprechen des damaligen US-Außenministers James Baker gegenüber Michail Gorbatschow bei den Verhandlungen über die Vereinigung der zwei deutschen Staaten , sie werde sich keinen Zentimeter („not an inch“) nach Osten hin ausdehnen, bewusst bis zur Kriegsgefahr vorangetrieben. Der damalige US-Botschafter in Moskau sagte 2008: „Während eines Pressebriefings am 22. Januar als Antwort auf eine Frage über den Antrag der Ukraine auf einen MAP (Membership Action Plan) sagte das Außenministerium, dass ›eine radikale neue Erweiterung der NATO eine ernsthafte politisch-militärische Veränderung bewirken kann, die unweigerlich die Sicherheitsinteressen Russlands beeinträchtigen wird‹. Der Sprecher betonte weiter, dass Russland mit der Ukraine durch bilaterale Verpflichtungen verbunden sei, die im Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft von 1997 festgelegt sind. In ihm verpflichten sich beide Parteien, ›sich nicht an Aktionen zu beteiligen oder diese zu unterstützen, die die Sicherheit der anderen Seite beeinträchtigen könnten ‹. Der Sprecher merkte an, dass die ›wahrscheinliche Integration der Ukraine in die NATO die vielseitigen russisch-ukrainischen Beziehungen ernsthaft verkomplizieren‹ würde und dass Russland „ geeignete Maßnahmen ergreifen“ müsse. Die Ukraine und die NATO-Bestrebungen der Ukraine und Georgiens treffen nicht nur einen wunden Punkt in Russland, sie geben Anlass zu ernster Sorge über die Folgen für die Stabilität in der Region“. Wohlgemerkt: Hier wird nichts über Putin gesagt, sondern über Russland, also über die gesamte Staatsführung. Passend erklärte der letzte US-Botschafter in der Sowjetunion im TAZ-Interview im September 2014 : „ Als wir den Kalten Krieg beendet und politisch dabei geholfen haben, Osteuropa zu befreien, war klar, dass wir Russland für ein freies und vereintes Europa einbeziehen müssen. Wir wussten auch, wenn man ein Instrument des Kalten Krieges – die NATO – in dem Moment vor bewegt, wo die Barrieren fallen, schafft man neue Barrieren in Europa. Und genau das ist jetzt geschehen. Wenn wir Frieden wollen, dann sollten Russland, die Ukraine und die Länder Ost- und Westeuropas in einer einzigen Sicherheitsgemeinschaft sein. … Wir, also jene, die das Ende des Kalten Krieges verhandelt haben, haben immer gewarnt: Macht keine Sicherheitsangelegenheit daraus. Benutzt keine Kalter-Krieg-Allianz. … Und dann begann die Eröffnung von Militärbasen, unter anderem in Polen – gegen nicht existierende Raketen aus Iran – Für die Russen war das eine Provokation. 2008 entschied die NATO, die Ukraine auf eine Spur zur Mitgliedschaft zu setzen. Ein in seinem Inneren tief gespaltenes Land, direkt vor Russlands Türe. Das alles waren sehr dumme Schachzüge des Westens. Heute haben wir die Reaktion darauf. … Wenn China anfangen würde, eine Militärallianz mit Kanada und Mexiko zu organisieren, würden die USA das nicht tolerieren. Wir würden uns auch nicht auf abstrakte Prinzipien von internationalem Recht beschränken lassen. Wir würden das verhindern. Mit jedem Mittel, das wir haben. Jedes Land, das die Macht dazu hat, würde das tun.“ Das alles war und ist den Führungskräften bekannt: Sie haben den Krieg riskiert und tun jetzt so, als betreibe Russland einen imperialistischen, unprovozierten und beispiellosen Angriffskrieg, auf den die NATO mit Sicherheitsgarantien und Abschreckung reagieren müsse, auch mit der Aufblähung aller Militär-Ausgaben in den NATO-Staaten. Die Öffentlichkeit soll die wirklichen Entwicklungen und die rechtlichen Fakten nicht im Bewusstsein haben, wenn sie am Wahltag über den neuen Bundestag entscheidet und wenn sie Haushaltseinschnitte zugunsten des Militärsektors hinnehmen soll. Titelbild: breakermaximus / Shutterstock…
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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Während unter Deutschlands Meinungsmachern bereits der Streit entbrannt ist, wie man nun syrische Flüchtlinge schnellstmöglich in ihr nun „friedliches“ Land abschieben könnte, führt Israel seit Samstag einen offenen Krieg in Syrien – zu Lande, zu Wasser und in oder besser aus der Luft. Für die Besatzung und Besiedlung der Golanhöhen wurde Israel schon mehrfach von der UN verurteilt. Nun hat Premier Netanjahu die Golanhöhen in einer Pressekonferenz kurzerhand annektiert , während israelische Truppen bis kurz vor Damaskus vorrückten, um eine „Pufferzone“ zu errichten. Das ist ein glasklarer Bruch des Völkerrechts. In neudeutscher Journalistensprachregelung müsste man wohl von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg sprechen. Doch davon ist in Deutschland nicht die Rede. Kritik an Israels Bruch des Völkerrechts bleibt aus. Einmal mehr werden im Namen der Staatsräson doppelte Standards angelegt. Das ist unglaubwürdig. Ein Kommentar von Jens Berger . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Von Samstagmittag bis gestern Abend hat Israel mit massiven Luftschlägen hunderte syrische Ziele bombardiert – an der Operation war israelischen Quellen zufolge die Hälfte der israelischen Luftwaffe beteiligt. Parallel dazu hat Israels Marine die Überbleibsel der syrischen Marine vernichtet. 80 Prozent der syrischen Waffensysteme wurden israelischen Quellen zufolge in nur zwei Tagen von Israel vernichtet. Die neue syrische Regierung – egal, was man von ihr halten mag – muss nun ohne die Waffensysteme der Assad-Armee auskommen. Das heißt auch, dass das neue Syrien ohne die vergleichsweise leistungsfähige Flugabwehr und die Luftwaffe der Assad-Armee Luftschlägen seitens Israels, aber auch seitens der USA und der Türkei, die ebenfalls auch nach dem Regierungswechsel ihre Luftangriffe in Syrien nahtlos fortsetzten, schutzlos gegenübersteht. Das am Samstag entstandene Vakuum nutzt vor allem Israel aus. Bereits im Dezember 2021 verabschiedete die Regierung Bennet die Intensivierung der Siedlungspolitik auf den Golanhöhen . Auch das war ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht. Seit 1967 besetzt Israel völkerrechtswidrig die syrischen Golanhöhen. 1981 wurde Israel vom UN-Sicherheitsrat mit der Resolution 497 aufgefordert, das Gebiet zu räumen. Israel ignorierte diese Resolution, Folgen hatte dies nicht. Von der UN-Generalversammlung gab es seitdem unzählige Resolutionen , die das israelische Vorgehen verurteilen. Völkerrechtliche Folgen hätten jedoch nur harte Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, und hier legt Israels Schutzmacht, die USA, bei jedem Resolutionsentwurf ihr Veto ein. Die USA sind auch das einzige Land der Welt, das Israels Besatzung der Golanhöhen anerkennt – und zwar seit 2019 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump . Was Premier Netanjahu von völkerrechtlichen Fragen hält, bewies er gestern einmal mehr. In einer Pressekonferenz ließ er die Weltöffentlichkeit wissen, dass „die Golanhöhen für immer ein untrennbarer Teil des Staates Israel seien“. Wir erinnern uns: Als Putin 2014 nahezu dieselben Worte für die Zugehörigkeit der Krim zu Russland wählte, hagelte es nicht nur Kritik, sondern auch Sanktionen durch die USA und die EU. „Das Völkerrecht“ … man kennt die Sprüche mittlerweile ja zur Genüge. Ist es nicht seltsam, dass Russlands Annexion der Krim von Deutschlands Politik und Medien so viel anders bewertet wird als die Annexion der Golanhöhen durch Israel? Oder anders gefragt: Gab es in Deutschland überhaupt eine Debatte über die Rechtmäßigkeit der Annexion der Golanhöhen? Mir ist da nämlich nichts bekannt. Offenbar verfährt man nach dem Motto „Quod licet Iovi, non licet bovi“ (auf Deutsch: „Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt), der Grundlage doppelter Standards. Aber wen wundert das schon? Zum Vernichtungskrieg in Gaza schweigen unsere Meinungsmacher, die das Völkerrecht sonst wie eine Monstranz vor sich hertragen, ja auch. Und die Frage, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage Israel seit Monaten den Libanon in Schutt und Asche legt, interessiert hierzulande anscheinend auch niemanden. Aber dafür hat man ja das Makro für „Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ auf seiner Tastatur. Alles gut. Und wo wir schon beim Völkerrecht sind: Was genau ist eigentlich die völkerrechtliche Grundlage dafür, dass nun israelische Truppen in Syrien einmarschieren? Vielleicht kann ja einer der professionellen Talkshow-Erklärer der diversen Thinktanks mir das mal erklären. Ich bin ja nur ein kleiner dummer Journalist, dem nicht bekannt ist, dass es im Völkerrecht einen Passus für die unilaterale Einrichtung einer „Pufferzone“ zur Vorwärtsverteidigung des eigenen Landes gibt. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja so was. Hätte Wladimir Putin das nur 2022 schon gewusst. Hätte er die Invasion der Ukraine als Einrichtung einer Pufferzone zur Verteidigung des eigenen Landes bezeichnet, hätte er ja dieser Logik zufolge im Einklang mit dem Völkerrecht gehandelt, und unsere Experten aus Politik und Medien hätten das ganz sicher gutgeheißen – so, wie sie jetzt Netanjahus Vorwärtsverteidigung auch gutheißen. Nur die UN scheint da – mal wieder – anderer Meinung zu sein. Der UN-Beauftragte für Syrien heißt Geir Pedersen und ist ein norwegischer Diplomat. Und ebendieser Geir Pedersen forderte Israel nun schon zum wiederholten Mal eindringlich auf , die Angriffe auf Syrien zu stoppen. Der UN-Sonderberichterstatter für die Förderung der Menschenrechte heißt Ben Saul und er ist ein australischer Rechtswissenschaftler, ein weltweit anerkannter Völkerrechtsexperte. Er sagte gestern vor der Weltpresse , dass es „absolut keine völkerrechtliche Grundlage [gibt], um ein Land, das man nicht mag, präventiv zu entwaffnen“. Das israelische Vorgehen sei „völlig gesetzlos“. Bereits am 3. Dezember hat die UN-Vollversammlung Israel abermals in einer Resolution einstimmig aufgefordert , die Golanhöhen zu räumen. Israel interessieren solche Resolutionen aber nicht – auch zum Krieg in Gaza gibt es unzählige Resolutionen der UN , die von Israel schlichtweg ignoriert werden. Ja, so ist das mit Völkerrecht. Das Verhältnis deutscher Politik und deutscher Medien mit dem Völkerrecht ist nun einmal ein taktisches. Wenn der Westen und allen voran die USA und Israel das Völkerrecht verletzen, tut man so, als hätte man den Begriff „Völkerrecht“ noch nie in seinem Leben gehört. Wir sind ja die Guten! Und als Guter steht man über dem Recht. Wenn Israel das Völkerrecht mit Füßen tritt, ist das deutsche Schweigen sogar Staatsräson. Aber wehe, Russland bricht das Völkerrecht. Dann wird dies in Endlosschleife so lange wiederholt, bis selbst der letzte Wellensittich in Hintertupfingen, der hin und wieder Radio hört oder Fernsehen schaut, auf einmal „Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ vor sich hin krächzt. Titelbild: Barbara Ash/shutterstock.com…
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1 „Wenn Sie zu Weihnachten noch ein Buchgeschenk brauchen, gehen Sie zum örtlichen Buchhandel.“ 11:56
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11:56Vermutlich werden bei der Lektüre dieses Ratschlags viele fragen, in welcher Welt der Autor dieser Zeilen lebt. Viele werden schon gar keine Buchhandlung mehr in absehbarer Nähe haben. Andere halten es für viel bequemer, das passende Buch bei einem der Internetportale zu bestellen. Ich war am Samstag zum Einkauf in der örtlichen Buchhandlung LESEZEIT-BADBERGZABERN.DE . Die Buchhändlerin machte mich auf die letzte Ausgabe des „Börsenblatts“, also des Fachmagazins des Deutschen Buchhandels aufmerksam. Dort findet sich ein flammender Appell, den örtlichen Buchhandel zu stützen. Albrecht Müller Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hier sind zunächst zwei Seiten mit einem Appell des Schriftstellers Fafik Schami. Seine Aufforderung, aufzuwachen und seine Begründung finde ich schlüssig und unterstützenswert: Auf der nächsten Seite folgt dann ein Text von zwei Buchhändlern aus Hamburg. Sie, Marina Krauth und Robert Eberhard, meinen, Buchhandlungen in Innenstädten sollten „eine finanzielle Unterstützung bekommen, die partiell ihre Miete trägt“. Siehe hier: Sollen Buchhandlungen in Innenstädten subventioniert werden? Die Autoren dieses Textes weisen mit Recht auf die Subventionierung von Theatern hin und in diesem Zusammenhang auch auf die Tatsache, dass Buchhandlungen in den Innenstädten eine ähnlich das städtische Leben fördernde Funktion haben. Ansonsten bleibt der Text aber an mehreren Stellen unklar. Die Autoren lassen offen, wer die Unterstützung des Buchhandels bezahlen soll – die Kommunen, das Land oder der Bund? Wer sonst? Es ist zweifelhaft, ob die Einrichtung eines neuen Fördertopfes für eine solch spezielle Leistung in unserem Städten Sinn macht. Übrigens haben auch andere Läden in Innenstädten eine belebende Funktion, zum Beispiel Geschäfte für Haushaltswaren und Reisebüros, auch Textil- und Bekleidungsgeschäft. O. k., dort treffen sich nicht wie in Buchhandlungen Menschen zum Schnuppern in Büchern, mit der Tendenz länger zu verweilen. In Haushaltswarenläden und Textilgeschäften ist es deshalb auch nicht üblich, dass zu einem Kaffee eingeladen wird. Das zeichnet manche Buchhandlung heute aus. Aber eine das innerstädtische Leben fördernde Funktion haben die anderen Läden auch. Vielleicht sollte man es den Kommunen überlassen und bei ihnen eine Debatte darüber entfachen, ob der örtliche Buchhandel aus dem Gemeindesäckel unterstützt werden sollte. Das werden keine einfachen Debatten werden. Auch deshalb setze ich auf Aufklärung und auf Werbung für die örtlichen Buchläden und für ihre Rolle in unseren Innenstädten. Es ist wichtig, darüber aufzuklären, wie wenig ökologisch und ökonomisch es ist, den örtlichen Buchhandel dadurch zu ersetzen, dass sich Tausende von Menschen tagaus tagein in gelben Autos Pakete bringen lassen und dann auch noch locker darauf setzen, dass sie die Waren wieder zurückschicken können, weil ihnen ja beim Kauf der persönliche Augenschein fehlte. Dieser Hinweis auf die verkehrserzeugende Folge des Einzelhandelssterbens gilt wie skizziert nicht nur für den Kauf von Büchern, sondern genauso für die anderen Zweige des Konsums, also für Kleidung, Haushaltswaren und allerlei Geschenke. Aufwachen, bevor es zu spät ist! Aufwachen, bevor unsere Innenstädte tot sind! Ob sie noch zu retten sind, weiß ich nicht. Aber es ist einen Versuch wert.…
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1 Lieferten MDR-Journalisten einen Informanten an den Thüringer Verfassungsschutz aus? 6:50
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6:50Schwere Vorwürfe gegen Journalisten des MDR sowie gegen den Präsidenten des Thüringer Verfassungsschutzes hat Apollo-News formuliert. Es geht um nicht berücksichtigte Gutachten zur AfD, einen fragwürdigen Führungsstil und angeblich verweigerten Quellenschutz. Die Vorwürfe wurden laut dem Medium bisher nicht dementiert. Ein Kommentar von Tobias Riegel . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Anschuldigungen gegen zwei Journalisten des MDR sowie gegen den Präsidenten des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz (VfS) , Stephan J. Kramer, hat das Medium Apollo-News geäußert . Dabei geht es zum einen um angeblich nicht gewährleisteten Quellenschutz für einen internen Informanten, dessen Vorstoß laut dem Artikel von MDR-Journalisten an die Führung des Verfassungsschutzes übermittelt worden sei. Zum anderen geht es um den Führungsstil des Thüringer VfS-Präsidenten Stephan Kramer, wegen dem bereits zahlreiche Mitarbeiter die Behörde verlassen hätten, so der Bericht. Kramer habe außerdem ein die AfD entlastendes Gutachten nicht in den Prozess zur Beurteilung darüber einbezogen, wie extremistisch die Partei einzustufen ist. Zusätzlich stehe Kramer wegen eines gemeinsamen Fotos mit russlandfreundlichen Rockern unter Druck. Hintergründe und Details zu diesen Vorwürfen finden sich in diesem Bericht von Apollo-News . Über den Vorgang haben auch unter anderem die Berliner Zeitung oder das Magazin Cicero berichtet. Ansonsten bleibt es in der Medienlandschaft bislang ziemlich ruhig um die Vorwürfe. Keine Dementis der Vorwürfe Weder der MDR noch der Thüringer Verfassungsschutz hat laut Apollo-News bisher auf die Vorwürfe reagiert. So seien entsprechende Anfragen unbeantwortet geblieben. Es habe aber bisher auch noch keine der angesprochenen Seiten die Vorwürfe dementiert. Zu den Hintergründen heißt es bei Apollo-News , dass sich Kramer, der in der Motorrad-Rockerszene aktiv sei, 2015 an einer Kranzniederlegung für Gefallene der Roten Armee beteiligt habe. Mit dabei seien mehrere Rockergruppierungen gewesen, unter anderem die „Putin-nahen“ Nachtwölfe. Auf einem Foto habe Kramer neben Mitgliedern der Nachtwölfe posiert. Die Veranstaltung sei dabei vom Verfassungsschutz observiert worden. Einige Monate nach diesem Foto sei Kramer Verfassungsschutzpräsident in Thüringen geworden. Insider hätten berichtet, dass das Foto im Amt „kursiert“ sei. 2018 soll ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes versucht haben, mit diesem Foto in die Öffentlichkeit zu gehen. Er habe damals die MDR-Journalisten Axel Hemmerling und Ludwig Kendzia kontaktiert. Doch die beiden Journalisten hätten laut Apollo-News den Vorgang nicht veröffentlicht – stattdessen hätten sie Stephan Kramer selbst kontaktiert und hätten ihn über seinen Mitarbeiter, der auspacken wollte, informiert. Der Vorgang sei in Chatverläufen belegt, so Apollo-News . Diese Chatverläufe habe Kramer dann an das dem Verfassungsschutz übergeordnete Thüringer Innenministerium weitergegeben. Kurze Zeit später hätte der Mitarbeiter nicht mehr im Amt für Verfassungsschutz gearbeitet, so der Bericht. Aufgrund des in den Chatverläufen dokumentierten Austauschs von Kramer mit den Journalisten über einen seiner eigenen Mitarbeiter und über weitere Interna sei dann ein Disziplinarverfahren gegen Kramer selbst eröffnet worden. Auch die Journalisten Kendzia und Hemmerling seien vom Verfassungsschutz befragt worden. In einem von Apollo-News zitierten Dokument des Innenministeriums werde Kramer intern kritisiert. Dort heiße es, es bestünde der Verdacht, Kramer stelle ein „ernsthaftes Sicherheitsrisiko“ dar. Der Präsident habe möglicherweise eine „gewichtige Straftat“ begangen. Auch die beiden Journalisten Kendzia und Hemmerling werden laut dem Artikel in dem Dokument erwähnt. Kendzia und Hemmerling arbeiten laut Apollo-News weiterhin für den MDR . Die beiden Journalisten hätten sich auf Nachfrage nicht geäußert, der MDR habe mitgeteilt, man könne den Sachverhalt nicht prüfen, da dem Sender die Chatverläufe nicht vorliegen würden. Der „Kramer-Komplex“ Die Geschichte mit dem Foto und den MDR-Journalisten ist nur ein Aspekt unter vielen zum Thüringer Verfassungsschutz, die Apollo-News in dem Artikel „Der Kramer-Komplex“ schildert – bislang bleiben diese Schilderungen unwidersprochen von der Behörde. Demnach würde Kramer seine Behörde mit einem „rücksichtslosem System“ führen. Seit 2019 hätten mindestens 20 Mitarbeiter den Thüringer Verfassungsschutz verlassen, das sei rund ein Fünftel der gesamten Belegschaft. So sei unter anderem die Position des „Referatsleiters Rechts- und Linksextremismus“ seit fast drei Jahren formal nicht besetzt, seit über einem Jahr nicht einmal mehr kommissarisch. Außerdem: 2018 habe der Verfassungsschutz Thüringen die AfD als Prüffall einstufen lassen, 2021 habe die Behörde die AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. In diesem Zusammenhang habe Kramer ein die AfD entlastendes Gutachten nicht berücksichtigt, so der Artikel. Zu den Vorwürfen gegen ihn habe sich Kramer auf Anfrage nicht geäußert. Bisher beruhen alle hier zitierten Schilderungen auf Berichten von Apollo-News . Laut dem Medium hat aber bisher keine Seite die Vorwürfe dementiert. Sollten die Vorwürfe unzutreffend sein, dann sollten sowohl MDR als auch Verfassungsschutz/Thüringen schnell Dementis formulieren und veröffentlichen, um Klärung zu schaffen. Sollte das noch geschehen, werden wir diesen Artikel aktualisieren. Falls die hier zitierten Berichte aber zutreffen, wäre Folgendes festzustellen: Das Verhalten der beiden MDR-Journalisten wäre dann als skandalös und gegen die Berufsethik gerichtet einzuordnen. Die starke Politisierung des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz in eine bestimmte Richtung durch Präsident Kramer wäre als sehr unangebracht einzustufen. Bemerkenswert: Bisher greift fast kein Medium die Geschichte auf. Titelbild: Anelo / Shutterstock…
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1 „Telepolis löscht auf einen Schlag 25 Jahre Geschichte“ 12:38
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12:38Das Online-Magazin Telepolis hat fast sein komplettes Archiv mit allen vor 2021 erschienenen Beiträgen vom Netz genommen. Was bei Autoren und in der Community für Empörung sorgt, schockt den Mitbegründer des Medienprojekts, Florian Rötzer , nicht minder. Im Interview mit den NachDenkSeiten beklagt der Journalist und Publizist eine Cancel Culture der Sorte Stalinismus sowie einen Zeitgeist im Zeichen von Mainstream und Gleichschaltung. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Florian Rötzer, Jahrgang 1953, ist Autor und Publizist mit dem Schwerpunkt Medientheorie und -ästhetik. Von 1996 bis 31. Dezember 2020 war er Chefredakteur des Online-Magazins Telepolis, zu dessen Mitbegründern er gehörte, und Herausgeber der Telepolis-Buch- und -eBook-Reihe. Von ihm sind erschienen unter anderem „Die Telepolis. Urbanität im digitalen Zeitalter“ (1995), „Smart Cities im Cyberwar“ (2015), und „Sein und Wohnen. Philosophische Streifzüge zur Geschichte und Bedeutung des Wohnens“. Seit drei Jahren ist er als Redakteur und Autor für das Online-Magazin Overton tätig. Herr Rötzer, das Online-Magazin Telepolis – so etwas wie Ihr eigenes journalistisches Kind – hat im Rahmen einer „Qualitätsoffensive“ mindestens vorübergehend sämtliche vor 2021 erschienenen Beiträge von seiner Webseite genommen. Man könne für deren Qualität „nicht pauschal garantieren“, heißt es. Wie verstehen Sie das Wörtchen „pauschal“? Im Grunde distanziert sich die Chefredaktion beziehungsweise der hinter Telepolis stehende Heise Verlag in Form eines Großreinemachens von allem, was vor besagtem Jahr veröffentlicht wurde, und damit auch von allen Schreibern, die bis dahin veröffentlicht hatten. Das ging ja schon zu Jahresfang damit los, dass sämtliche Artikel, die nicht in die Verantwortung der neuen Chefredaktion fallen, mit einem Disclaimer, also einem Warnhinweis markiert und so als verdächtig eingestuft wurden. Damit hat man dem Leser gesteckt: Vorsicht, das hier könnte nicht mehr den heute geltenden Qualitätskriterien genügen, also besser die Finger davon lassen. Das war schon eine schlimme Anmaßung. Das, was jetzt passiert ist, setzt dem die Krone auf. Weil vielleicht ein paar Texte von über 50.000 nicht mehr den durch die Chefredaktion gesteckten journalistischen Ansprüchen genügen, nimmt man „pauschal“ alle vom Netz. Überrascht Sie die Konsequenz? Ich hätte das nicht für möglich gehalten. Telepolis war ja lange Zeit ein sehr liberales Medium, was sich etwa an den offenen Foren zeigte, wo jeder frei von der Leber seine Meinung äußern durfte. Diese riesige Löschaktion ist das eine. Fast noch ungeheuerlicher ist aber die Ankündigung, man werde die Inhalte prüfen und Texte selektieren, gegebenenfalls sogar überarbeiten. Das hat eindeutig Züge von Geschichtsfälschung und ist in meinen Augen das Übelste an der ganzen Sache. Man will, so heißt es, Beiträge bewahren, die „noch einen Mehrwert bieten“, und „Perlen aus dem Archiv“ wieder zugänglich machen. Das ist doch sehr honorig, oder nicht? Das ist vor allem ein Schlag ins Gesicht der Autoren, die mit ihren Texten durch dieses sogenannte Qualitätsraster fallen. Deren Schaffen wird einfach ausradiert. Und deshalb gibt es ja auch heftige Proteste von Betroffenen , die sagen, die Inhalte gehörten nicht Telepolis oder Heise, sondern der Öffentlichkeit. Grotesk finde ich die Angelegenheit deshalb: Telepolis klemmt mal eben 25 Jahre seiner Geschichte und alles ab, was das Medium so besonders und erfolgreich gemacht hat – aber den Namen Telepolis , den will man behalten. Glauben Sie, die neue Marschroute geht vom Chefredakteur Harald Neuber oder vom Heise Verlag aus? Ich denke, da decken sich die Interessen. Man will ein Magazin mit möglichst großer Reichweite und hohen Einnahmen und schleift dafür alle Ecken und Kanten ab, die das Projekt lange Zeit ausgemacht haben. Der Trend, sich unkritisch und marktkonform anzupassen, sich dieser leidigen Cancel Culture zu unterwerfen, ist ja in allen Bereichen der Gesellschaft zu beobachten, vor allem bei den Medien. Der Meinungskorridor wird immer kleiner, und Telepolis will nicht aus dem Rahmen fallen. Man stelle sich einmal vor, der Spiegel oder die Bild-Zeitung wollten ihre riesigen Artikelbestände plötzlich auf „Qualität“ prüfen und bei Verstößen gegen journalistische Grundsätze entsprechend aussortieren. Das wäre mal ein Großreinemachen … Ein Archiv erfüllt ja nur dann seinen Zweck, nämlich eine Rückschau in die Vergangenheit zu ermöglichen, wenn man es so lässt, wie es ist. Dieser grassierende Eifer, sich nach den Maßgaben der Political Correctness reinzuwaschen, geht inzwischen so weit, sogar Zeitzeugnisse rückwirkend umzuschreiben oder, wie bei Telepolis , einfach zu tilgen. Der Verlag will sich, laut Chefredaktion, mit dem Schritt dagegen wappnen, wegen möglicher Urheberrechtsverstöße aus der Vergangenheit belangt zu werden, wobei es dabei vor allem um Bildmaterial geht. Das ist Unsinn. Es wäre kein Problem, die fraglichen Bilder einfach herauszunehmen und die zugehörigen Texte weiterhin online zu belassen. Sie haben ja selbst 25 Jahre als Chefredakteur für Telepolis gewirkt. Für Sie war das also kein Problem von größerer Tragweite? Natürlich sind wir damals in der Frühphase des Internets lockerer mit dem Gebrauch von Bildern umgegangen, und wahrscheinlich haben wir auch Bilder nicht immer ganz ordnungsgemäß verwendet. Aber jetzt so zu tun, als wäre der Laden wegen einer Flut von Abmahnungen irgendwie bedroht, weshalb man gleich alles vom Netz nehmen müsse, ist eine billige Ausrede. Wir sprachen ja schon von „Großreinemachen“. Fällt Ihnen beim Fall Telepolis auch das Wort „Säuberung“ ein? Ja, das ist eine Säuberung. Ich denke nicht, dass Telepolis sich eine bestimmte politische Linie verordnen will, nach dem Motto: jetzt nur noch CSU. Aber man will sich anpassen an den herrschenden Zeitgeist, nicht mehr so auffallen, etwa mit sogenannten Verschwörungstheorien, man könnte auch sagen, dem Hinterfragen von herrschenden Narrativen. Dabei können auch mal Irrwege geschehen, aber die gehören zur Zeitgeschichte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Beiträge wie etwa die von Mathias Bröckers zur Verstrickung der Geheimdienste in die Anschläge vom 11. September 2001 der Zensur zum Opfer fallen werden … Bröckers ahnt das selbst, auf seiner Webseite konstatiert er: „Die ‚literarische Qualitätsoffensive‘ der Bücherverbrennung lässt grüßen!“ Gehen Sie da mit? Durchaus drängen sich hier historische Vergleiche auf – zum Beispiel zum Stalinismus, als aus Fotografien einfach Menschen verschwunden sind. Mir fällt auch das Wort Gleichschaltung ein. Wobei Telepolis das ohne Not aus freien Stücken erledigt, indem man auf einen Schlag 25 Jahre Geschichte, auch die des Internets, löscht und mit ihr ein wichtiges Stück des kulturellen Gedächtnisses. Täte das der Spiegel , führte das nicht so weit, weil dessen Beiträge und die aller Printmedien in der Nationalbibliothek hinterlegt werden. Für Online-Magazine gilt das noch nicht, obgleich es auch hier eine Ablieferungspflicht gibt. Aber bei Nachfrage hieß es, man könne jetzt noch keine Artikel im HTML-Format archivieren, daher müsste jeder Artikel in PDF umgewandelt und eingeschickt werden. Daher verwalten Online-Magazine ihr eigenes Archiv und alles ist verloren, sobald es ausgeknipst wird. Der Schwenk zum Mainstream macht doch nur Sinn, wenn er sich finanziell rentiert. Dafür müsste die Leserschaft den Schritt allerdings auch mitgehen. Wie schätzen Sie das ein? Ich bin sehr sicher, dass der Schuss nach hinten losgeht. Telepolis mit relativ kleinem Budget und sehr begrenzter Abdeckung von Themen kann mit den Großen nicht mithalten. Überlebensfähig ist so ein Medium nur, wenn es sich in einer Nische einrichtet und sich in Inhalt, Sprache und Stil vom Mainstream abgrenzt. Versucht man dagegen, auf den Mainstream aufzuspringen, hat man verloren. Die gewachsene Leserschaft wird vergrault, und den Platzhirschen kann man das Wasser nicht abgraben. Selbst wenn man es rein betriebswirtschaftlich betrachtet, halte ich das Vorgehen von Telepolis für keinen klugen Schachzug. Man wüsste ja gerne, was die Leser davon halten. Allerdings kann man zur fraglichen Bekanntmachung keinen Kommentar abgeben. Das passt ins Bild. Allerdings ist schon länger nicht mehr jeder Beitrag kommentierbar, und in den Foren wird auch heftig gelöscht, wie mir Autoren sagen. Das kommt ja noch dazu: Auch sämtliche Kommentare zu den Zehntausenden abgeklemmten Artikeln sind für immer verschwunden. Das ist auch gegenüber der Leserschaft ein ziemlich unfreundlicher Akt. Ihre und die Wege von Telepolis haben sich vor ziemlich genau vier Jahren getrennt. Fühlen Sie sich heute gewissermaßen um Ihr Erbe betrogen? Ich habe schon länger mit Telepolis abgeschlossen und schaue heute so gut wie nie auf der Seite vorbei. Wenn man so will, ist Telepolis nicht mehr meins. Trotzdem sehe ich die Vorgänge mit Sorge, weil ich sie für gefährlich halte mit Blick auf die insgesamt immer stärker unter Beschuss geratene Meinungsvielfalt. Eine Rolle spielt dabei auch der Vormarsch eines Journalismus made by Künstlicher Intelligenz. Auch Telepolis bedient sich offenbar dieser Methoden, wofür eine Prüfung mittels sogenannter KI-Detektoren Anhaltpunkte liefert. Das betrifft im Übrigen auch Texte des Chefredakteurs. Wie passt das zusammen mit den im „redaktionellen Leitbild“ festgeschriebenen Grundsätzen von „Glaubwürdigkeit“, „Transparenz“ und „gewissenhafter Recherche“? Mit KI habe ich mich auch in meinem letzten Buch „Lesen im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“ beschäftigt. Und ja, auch ich bin bei Telepolis auf einen Beitrag gestoßen, den ZeroGPT zu über 50 Prozent als „Most Likely AI/GPT generated“ einstuft. Wie verlässlich das ist, weiß ich allerdings nicht. ZeroGPT bietet ja auch an, Texte mit KI zu verfassen, die angeblich nicht als KI-generierte Texte erkannt werden können. Naja. Heise hat gerade DeepContent übernommen und bietet schon länger Kurse und Unterstützung für KI-Lösungen über Heise KIPro an. Da kann man annehmen, dass damit auch in Telepolis und in anderen Redaktionen gearbeitet wird. Ich habe aber keine nähere Kenntnis, ob, wie und in welchem Maße das gemacht wird. Sprachlich könnte man den Verdacht auch bei manchen Telepolis-Artikeln haben, da fehlt oft die individuelle Note. Und wenn dem so wäre? Falls KI für Recherche, Überarbeitung, Ideengebung et cetera verwendet würde, müsste das im Sinne der Transparenz und Glaubwürdigkeit jedenfalls kenntlich gemacht werden, finde ich. Ich habe keinen solchen Hinweis gefunden. Wenn KI wirklich in größerem Umfang eingesetzt wird, wäre das jedenfalls noch einmal ein krasser Unterschied zu dem, was ich immer präferiert und Autorenjournalismus genannt habe. Es wird nicht Objektivität, auch durch Sprache, simuliert, sondern der Text wird verantwortet von einem Autor mit seinen erkennbaren, daher transparenten Perspektiven, der sich mit Angabe der Quellen bemüht, dem Leser einen möglichst guten Einblick in Sachverhalte oder Ereignisse zu bieten. Titelbild: © privat…
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1 Gabriele Krone-Schmalz wird zum Opfer von „Zensurkultur“ 8:57
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8:57Am kommenden Montag, am 16. Dezember, 19:00 Uhr soll im Filmtheater Sendlinger Tor in München der Dokumentarfilm über die frühere Moskau-Korrespondentin gezeigt werden. Gabriele Krone-Schmalz und der Kinobetreiber sind jetzt zum Opfer intoleranter, aggressiver Zeitgenossen geworden. In Mails an den Kinobetreiber – eine Auswahl wird unten dokumentiert – wird sie als „Marionette Putins in Deutschland“ und als „Helfershelfer von Terror, Krieg, Massenmord und Vergewaltigung“ bezeichnet. Der Kinobesitzer wird aufgefordert, die Premiere abzusagen. – So weit sind wir in diesem Land schon gekommen, die Toleranz geht gegen null. Umso wichtiger und übrigens auch interessant ist der Besuch von Kino und Diskussion am kommenden Montag in München und später überall im Land. Albrecht Müller . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Sprechen Sie bitte in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis über diesen und ähnliche Vorgänge. Wir müssen uns gegen Intoleranz und die Einengung des Meinungsspektrum zur Wehr setzen. Auf diesem Kino-Plakat finden Sie alle notwendigen Informationen zur Filmaufführung in München: Dokumentation einiger Mails, mit denen gegen die Aufführung des Dokumentarfilms protestiert wird: 1. Mail 6. Dezember 2024 um 14:29:13 MEZ An: sendlingertor@pressmar-kinos.de Betreff: Krone-Schmalz eine Bühne zu geben spuckt auf jedem anständigen Menschen ins Gesicht… Sehr geehrter Herr Preßmar, Krone-Schmalz eine Bühne zu geben spuckt ins Gesicht jeden freiheitsliebenden, friedfertigen, anständigen Menschen … nicht nur in der Ukraine! Und macht Sie zu einem leichtfertigen Helfershelfer von Terror, Krieg, Massenmord und Vergewaltigung. Schämen Sie sich sich zu einem billigem Werkzeug Putins zu machen! Schade, dass Sie diese Weise meinen zu müssen sich mit Ihrem „Kino“ aus München zu verabschieden. Gut jedoch, dass Ihnen ähnlicher Unfug zukünftig verwehrt wohl bleibt. Mit freundlichen Grüßen … 2. Mail: Datum: 6. Dezember 2024 um 14:32:17 MEZ An: sendlingertor@pressmar-kinos.de Betreff: Premiere “Krone-Schmalz” Sehr geehrter Herr Fritz Preßmar, sehr geehrter Herr Christoph Preßmar, mit großem Bedauern habe ich zur Kenntnis genommen, dass Ihr Kino leider schließen muss. Es hatte für mich immer eine besondere Atmosphäre unter den Münchner Kinos Leider habe ich auch gelesen, dass Sie im Dezember die Premiere des Films über Gabriele Krone-Schmalz ausrichten. Grundsätzlich sollte ein Kino sicher neutral sein und auch ein breites Meinungsspektrum zulassen, bei Frau Krone-Schmalz ist die Grenze des Erträglichen allerdings eindeutig überschritten. Frau Krone-Schmalz betreibt seit einigen Jahren offen Propaganda im Sinne des faschistischen Regimes im Kreml. Sie verharmlost den imperialistischen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und lässt Mitgefühl für die Opfer vermissen. Deutlich erschwerend kommt hinzu, dass sie sehr hart gegen Menschen vorgeht, die Ihre Meinung nicht teilen und breite Presseschelte auf einem nicht akzeptablen Niveau betreibt, da die deutschen Medien ja angeblich nicht korrekt berichten würden. Beispiele hierfür sind der Bericht der Aachener Zeitung: “Krone-Schmalz holt in Düren zur Medienschelte aus” oder die Prozesse, die sie gegen eine Osteuropa-Historikerin geführt hat, um zu unterbinden, dass diese sie weiterhin widerlegt. Diese Prozesse hat Frau Krone-Schmalz übrigens alle komplett verloren. Selbst ostdeutsche SPD-Landesverbände, die sicher nicht im Ruf stehen, “Kriegstreiber” zu sein, distanzieren sich von ihr. Umso mehr bedaure ich, dass Ihr Kino nach vielen Jahrzehnten mit einem solchen “Schlussakt” schließt. Wenn sich selbst Ostdeutsche SPD-Landesverbände von Ihr distanzieren, sollte ihr Kino Fau Krone-Schmalz keine Bühne bieten. Vielleicht können Sie die Premiere noch absagen? Falls das aus vertraglichen Gründen nicht mehr möglich ist, könnten Sie vielleicht ein klares Zeichen zur Verurteilung des Krieges und zur Unterstützung der Ukraine setzen. Beispielweise indem Sie Ihr Kino blau-gelb beleuchten? Oder die Premiere um eine Ausstellung ergänzen. An der LMU beispielsweise gibt es aktuell die Ausstellung “Unissued Diploma”. Oder vielleicht können Sie zumindest die anschließende Diskussion, auf der zu erwarten ist, dass Frau Krone-Schmalz wieder Propaganda verbreiten wird, absagen oder alternativ darauf hinwirken, dass auch einen Kritiker bzw. eine Kritikerin wie bspw. die Osteuropa-Historikern der LMU, Dr. Franziska Davies, gemeinsam mit Frau Krone Schmalz diskutiert? Ich kenne Ihre persönliche Meinung zum russischen Angriff auf die Ukraine nicht. Ich hoffe aber, dass Sie mit dieser Premiere kein bewusstes Zeichen zur Unterstützung bzw. zumindest Verharmlosung eines faschistischen Angriffskrieges zur Schließung Ihres Kinos setzen wollten und hoffe sehr, dass Sie eine der obigen Anregungen aufgreifen bzw. die Premiere am besten absagen. Sehr gerne stehe ich Ihnen für einen Austausch zur Verfügung. Beste Grüße… 3. Mail: Von: – Gesendet: Samstag, 7. Dezember 2024 10:36 An: sendlingertor@pressmar-kinos.de Betreff: Sehr geehrter Herr Pressmar, Sie haben Entscheidung getroffen der umstrittenen russland-Propagandistin Gabriele Krone-Schmalz in Filmtheater am Sendlinger Tor Bühne zu geben. Haben Sie nicht mitbekommen, wie vehement diese Person seit Kriegsbeginn am 24.02.22 russische Seite, Aggressor-Seite im putins-Angriffskrieg verteidigt? Diese Frau hat sich von russischer Regierung korrumpieren lassen, um hier in Deutschland Märchen über großes russland als Expertise zu verkaufen. Sie war Expertin der ersten Stunde in deutschen Talkshows die gegen militärische Unterstützung der Ukraine puschte. Denn russland sei zu stark, zu groß, zu übermächtig. Eine Marionette putins in Deutschland, ist sie gegen diejenigen gerichtlich vorgegangen, die ihr widersprochen haben und sie hat im Gericht verloren. Anders kann auch nicht sein, denn nur Verlierer stehen hinter putins Russland!! Bestimmt gehören Sie nicht dazu! Frau Krone-Schmalz Bühne zu geben, bedeutet dem Kreml Bühne in Deutschland zu geben. Das kann nicht ernsthaft Ihre Absicht sein! Überlegen Sie, bitte, Ihre Entscheidung nochmal, Ihres guten Namens und Gewissens wegen! Mit freundlichen Grüßen, … Das sind erschreckende Dokumente der Intoleranz, die in unserer Gesellschaft heimisch geworden ist. Ich glaube übrigens nicht, dass solche Protestmails ohne Steuerung aus dem Hintergrund zustande kommen. Auch deshalb nochmals die Anregung:: Sprechen Sie in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis über diese Vorgänge. Wir müssen uns gegen Intoleranz zur Wehr setzen. Noch ein Nachtrag zu Ihrer Information: Wir hatten am 1. September dieses Jahres ein Pleisweiler Gespräch mit Gabriele Krone-Schmalz. Vortrag und Diskussion könnten für Ihre Gespräche hilfreich sein. Hier die Begrüßung/Einführung und der Vortrag von Frau Krone-Schmalz (ab Minute 14:30). Und hier die Diskussion .…
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1 Lisa Fitz – Religion & Physik oder Der Punkt ist unendlich 12:10
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12:10Diese leidigen Religionsdifferenzen … ‚Wir’ haben ja damals super Kreuzzüge gemacht und alles niedergemetzelt, aber die zeitliche Distanz schafft ein Gefühl der Überlegenheit, wir haben es hinter uns – erhebendes Gefühl, weil … wir sind drüber raus – in der Evolution des menschlichen Denkens und Empfindens. Aufgestiegen … Kreuzzüge liegen halt einfach ein paar Jahrhunderte zurück, da vergisst man viel, das versinkt, ja, schon im historischen Sumpf, vertrocknet als Zahl im Geschichtsbuch. Von Lisa Fitz . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die nächsten Auftritts-Termine und das aktuelle Programm von Lisa Fitz erfahren Sie stets auf der Website lisa-fitz.de .…
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1 Heute: Internationaler Tag der Menschenrechte – Gültig: jeden Tag 15:40
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15:40Heute begehen wir zum 76. Mal den jährlichen Internationalen Tag der Menschenrechte, der an die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen“ erinnert – ein Dokument, welches das universale Verständnis von gleichen und unveräußerlichen Rechten für alle Menschen unabhängig von ihren individuellen Merkmalen zum Inhalt hat. Von Frank Blenz . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. In 76 Jahren rangen und ringen viele Menschen im Geiste dieser Erklärung für eine bessere Welt, für das Wohl der Bürger, dafür, dass wir würdevoll und friedlich miteinander leben können. Das Dokument von 1948 ist Teil dieses Wirkens, doch war und ist es notwendig, sich für prägende inhaltliche Weiterentwicklungen im Interesse tatsächlich aller Bewohner der Erde einzusetzen. Denn das ursprüngliche Schriftstück wurde einst als ein westlich geprägtes kritisiert, in dem berechtigte Bedürfnisse und Interessen der Bevölkerungen in der „nichtwestlichen“ Welt außen vor geblieben seien. Der Blick auf die heutige Welt zeigt generell ernüchternd wie empörend, dass Menschenrechte fortwährend missachtet, verachtet, ignoriert und mitunter bis zur Unkenntlichkeit beschädigt, zerstört werden. Von Menschen. Gegen Menschen. Heute ist deshalb umso mehr ein besonderer Tag für einen Aufruf zum Gegenhalten, zu mehr Engagement von uns allen. Gültig: jeden Tag. Auch in Deutschland. Wir brauchen viele Hessels Der mir nahe, überaus angenehme, wichtige Buchautor und Zeitgenosse Stéphane Hessel hat in einem kleinen Band, der den Titel „Empört Euch“ trägt, eindrucksvoll und warmherzig von seinen Erfahrungen geschrieben, die er 1948 bei den Vereinten Nationen in New York machte. Hessel beschrieb in dem schmalen Taschenbuch unter anderem das unermüdliche, geduldige Ringen eines UN-Gremiums. Er durfte dabei mitwirken, der Barbarei, dem Wahnsinn Zweiter Weltkrieg ein Hoffnung weckendes, wirkungsvolles, deutliches Dokument entgegenzusetzen, um damit wenn möglich eine neue, eine bessere Epoche der Erdbewohner mit einzuläuten: die Charta der Menschenrechte. Trotz heftiger Unterschiede der internationalen Teilnehmer, trotz ihrer sich aneinanderreibenden Interessen gelang tatsächlich das zunächst schier Unmögliche, die wichtige „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ mit dem mahnenden Rückblick auf den bis dahin schlimmsten und verheerendsten Krieg auf unserer Erde zu verabschieden. Ganz im Geiste dieser Schrift handelte Hessel bis zu seinem Tod im Jahr 2013. Er mahnte uns, wachsam zu sein und uns ausdauernd (ja nicht aufgeben) zu empören gegen die Ungerechtigkeiten der Welt, allen voran die fortwährende, systematische Missachtung unser aller Rechte. Hessel rief dabei stets zu friedlichem Widerstand gegen Unterdrückung auf, gegen den überbordenden, wahnsinnigen Machtmissbrauch der Eliten, gegen die Umweltzerstörung durch Gier und Rücksichtslosigkeit. Bis heute sind seine einfachen Worte gültig, bis heute kämpfen Bürger – wir brauchen sozusagen viele Hessels – gegen all diese Missstände, bislang noch ohne wirklich durchschlagenden Erfolg: den Beginn einer Epoche der echten Entspannung, der einer Durchlüftung der Gesellschaften, echte Freiheit der Menschen, der Individuen wie der Gemeinschaften, ohne Unterdrückung, materiell, ideell, politisch, kulturell, sozial, spirituell. Dazu bedarf es aber einer echten Entmachtung viel zu weniger, mächtiger Akteure und ihrer Gefolgschaften, deren Handeln, deren Interessen, deren Ego sich gegen zu viele richtet. Es geht dabei nicht nur um deren materiellen, sondern auch um ihren ideellen Reichtum, stets nur zum eigenen Nutzen. Doch statt Entmachtung ist täglich zu erleben: Wir sind weit weg von klugen, toleranten, offenen, gerechten Gesellschaften, wir sind weit weg von der Enteignung, der Zähmung der Gierigen, der Mächtigen und ihren Anmaßungen, die uns die gegenwärtigen Zustände noch als frei, demokratisch, rechtsstaatlich verkaufen und vor allem: als alternativlos. Denen ist es egal, weil sie es sich leisten können, was viele Menschen wirklich statt der Unterdrückung, statt der Missachtung verdienten. Allein der Eliten Wohl ist denen wichtig, angehäuft, gehortet, angemaßt auf Kosten der Allgemeinheit, betoniert für jetzt und für immer? Mehr, mehr, mehr – und kein Ende scheint in Sicht. Das ist eine einzige Menschenrechtsverletzung. 76 Jahre Menschenrechtscharta und doch viel Kriegerisches, Menschenrechte Verachtendes Einfach ausgedrückt: Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert ringt die Menschheit nach der unsäglichen Erfahrung des Zweiten Weltkriegs darum, endlich sagen zu können, friedlich und in wohltuender, rücksichtsvoller, aufmerksamer Gerechtigkeit auf einem wundervollen Planeten zu leben. In all den Jahren toben stattdessen weiter zahlreiche Konflikte, darunter Kriege, Not, Elend und die fortgesetzte Missachtung, ja Verachtung vieler Bürger und ihrer Bedürfnisse. Glücklicherweise konnten wir in Europa eine Zeit erleben, das wird so gern in Politikerreden lobend gesagt, in der wir mehr oder minder zufrieden konstatieren durften: Wir erleben eine Epoche des Friedens. Doch selbst diese Epoche war nicht friedlich, müssen wir ehrlich zugeben. Nun scheint es, diese unsere schöne Epoche ist jetzt eine vergangene. Bei uns wie in vielen Teilen der Welt und auch in Deutschland erleben wir das ehrgeizige, aggressive Zurückdrängen unserer berechtigten Bedürfnisse, unserer, ja, Menschenrechte. Dort, wo Progressivität noch oder wieder zu Hause ist, dort sind erfreulicherweise positive Entwicklungen zu beobachten. Die südliche Welt zum Beispiel folgt uns, der westlichen Wertewelt, nicht mehr. Doch um uns herum toben heftige Konflikte, bei denen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der Tagesordnung sind. Und wir, ja wir, sind mit von der bösen Partie. Menschenrechte sind gerade nicht modern, stattdessen Ruhm und Ehre und Verpflichtung und Pflichten, wird uns weisgemacht – aber wofür? Dafür: Die Reaktionären jubeln – Menschenrechte, fortschrittliche Ideen, Konzepte, Forderungen, Rechte werden zurückgedrängt. Einer, der kurz und knapp Verursacher des Zurückdrängens benennt Ich las kürzlich einen Beitrag des unbequemen, nimmermüden, kritischen EU-Abgeordneten Martin Sonneborn (Die Partei), der seine Erfahrungen im EU-Parlament aufgeschrieben hat. Er beobachtet stellvertretend für Europa im Parlament eine Entwicklung, die den rückwärtsgewandten und aufgedrängten Weg unserer Gesellschaften, der Gemeinwesen, der Gemeinsamkeiten ernüchternd wie empörend beschreibt. Sonnenborn nannte Beispiele. Immer seien es die Konservativen, die im Block dagegen stimmten, wenn man sich im Parlament für Menschenrechte, für die Umwelt, für Soziales einsetzt, gegen die Finanzindustrie, gegen Ausuferungen von Zensur und Überwachung, für Steuergerechtigkeit kämpft. Das EU-Parlament – eigentlich doch die demokratische Institution für uns alle, für uns Europäer – ist in Wahrheit ein Ort, in dem das Steine-in-den-Weg-Legen gegen legitime Interessen und Bedürfnisse der Europäer in Gesamtheit zur perfiden Profession reift. All dieses Treiben ist eine einzige Menschenrechtsverletzung. Ein anderer Kalender als der für die Adventszeit 24 Türchen öffnen in der Adventszeit, das bereitet Freude, verbindet Menschen. Ein ganz anderer Kalender lässt einen dagegen nachdenklich werden. So listete die Organisation der Vereinten Nationen für alle Monate eines Jahres existierende Rechte der Menschen und deren Verletzungen und Missachtungen auf. Die Welt, Europa und wir in Deutschland scheinen viel Nachholbedarf in diesen Bereichen zu haben: Januar: Menschenrechtsverletzungen durch willkürliche Inhaftierungen Februar: Pflege- und Unterstützungssysteme März: Gleichheit aller Ethnien April: Wirtschaftliche Menschenrechte Mai: Zivilgesellschaftlicher Raum, einschließlich des Digitalen, Menschenrechtsverteidiger, Partizipation Juni: Frauenrechte Juli: Prävention und Frieden August: Gerechtigkeit September: Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)/Sozialer Schutz Oktober: Unternehmen und Menschenrechte November: Klimawandel/Umwelt Dezember: Bildung und Menschenrechte (Quelle: UNRIC ) Der UN-Charta von 1948 folgten weitere Dokumente Rückblick: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sei ein westlich geprägtes Dokument, wandten Kritiker ein, denn beim Erarbeiten und Verabschieden fehlten zahlreiche Länder und Regionen. Das Ringen für Menschenrechte und deren Fixierung in gültigen Schriften – weltweit – setzte sich aber richtigerweise fort, Streit und Eskalation inklusive. Im Jahr 1993 kam es zu einem Fortschritt bei der Weltkonferenz in Wien, bei der der Wertewesten offen mit seiner arroganten Haltung konfrontiert wurde. Auf der Weltkonferenz über Menschenrechte in Wien 1993 gipfelten die Vorwürfe in „offensive, sehr aggressive Kritik“, erinnert sich der Menschenrechtler Michael Windfuhr, der an der Konferenz teilnahm. Damals wurde „sehr dezidiert gesagt, Menschenrechte sind eigentlich eine neokoloniale Idee des Westens, die dazu führen soll, dass sich westliche Staaten einmischen in Ländern, die andere Kulturen haben und auch andere Vorstellungen von politischer Ordnung und politischer Gerechtigkeit“. Am Ende stimmten jedoch alle 171 UN-Mitgliedstaaten der Wiener Erklärung zu und legitimierten damit die Menschenrechtserklärung von 1948. Es bleibt bis heute viel zu tun, das Dokument Menschenrechtscharta darf kein statischer Text sein. Die Entwicklungen in unserer Welt, die keine homogene, sondern eine vielfältige ist, zeigen immer noch, dass Menschenrechte als Instrumente gegen Menschen missbraucht werden. Gerade das muss dauernden Widerspruch und Empörung auslösen, keinen Beifall, kein Dulden und Durchwinken. … Die Zweifel an der Universalität der Menschenrechtserklärung bleiben bestehen und werden vor allem aus den Überlegungen der postkolonialen Denkschulen heraus verstärkt. Eine gefährliche Entwicklung, warnt der Menschenrechtler Markus Beeko. „Wer Menschenrechte als westliche Werte betitelt, der leistet ihnen einen Bärendienst“, warnt er. „Wir müssen solidarisch an der Seite derer stehen, deren Regierungen versuchen, ihnen ihre Menschenrechte abzusprechen, anstatt den Menschen in den Rücken zu fallen.“ (Quelle: DLF ) Wer sich auf Menschenrechte beruft, dem schlägt bisweilen der Vorwurf der Heuchelei und einer gewissen Doppelmoral entgegen: Der Westen verbräme mit dem Verweis auf Menschenrechte nur eine von Macht- und Wirtschaftsinteressen geleitete Politik. (Quelle: DLF ) Menschenrechte sind Frauenrechte – zahlreich werden diese verletzt In den vergangenen Tagen sah ich wie viele Bürger via Medien, was in Syrien passiert. Es deutet sich eine dortige Zeitenwende an, ein diktatorischer Herrscher wird von einem anderen abgelöst, der sich wohl weniger um Menschenrechte als um das Recht des Stärkeren kümmern wird. Mir fielen die Worte aus einem Beitrag über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen ein. Zitat: Auf die spezielle Situation von Frauen weltweit angesprochen, unterstreicht Beate Rudolf: Frauen seien in vielen Fällen anders von Menschenrechtsverletzungen und Übergriffen betroffen als Männer, etwa wenn sie als Aktivistinnen verhaftet würden: „Frauen erleben sexualisierte Gewalt, sexualisierte Folter.“ Auch in anderer Hinsicht würden ihre Menschenrechte deutlicher missachtet – im Iran, aber auch in anderen muslimischen Ländern wie Saudi-Arabien: „Es gibt Kleidungsvorschriften für Frauen, aber nicht für Männer.“ Das gelte im Übrigen für beide Richtungen – für Gebote, aber auch für Verbote für einen bestimmten Kleidungsstil. (Quelle: DLF ) Die Menschenrechte in Deutschland Heute zum Internationalen Tag der Menschenrechte lohnt es sich, in hiesigen Dokumenten zu stöbern – bei Ministerien, Instituten. Ich informierte mich. Beim Bundesministerium der Justiz steht zum Stichwort Menschenrechte unter anderem: Menschenrechte sind Rechte, die sich aus der Würde des Menschen herleiten und begründen lassen; Rechte, die unveräußerlich, unteilbar und unverzichtbar sind. Sie stehen allen Menschen zu, unabhängig davon, wo sie leben und unabhängig davon, wie sie leben. (Quelle: BMJ ) Und das Institut für Menschenrechte listet unter anderem auf: Zu den Menschenrechten gehören bürgerliche und politische Freiheits- und Beteiligungsrechte, unter anderem das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, die Religions-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder die Gleichheit vor dem Gesetz. (Quelle: IFM ) Sich zu fragen, was Menschenrechte sind, ist wichtig. Jeder Bürger sollte wissen, was ihm zusteht, was es in einer gedeihlichen Zivilgesellschaft braucht, um individuell und in Gemeinschaft gut leben zu können. Angesichts des Zustandes unseres Landes, angesichts der vielen Ungerechtigkeiten, angesichts des gesellschaftlichen, politischen, sozialen Stillstandes ist es umso wichtiger, sich Gedanken zu machen, wohin wir uns bewegen wollen und was wir nicht wollen. Die führenden Köpfe unseres Landes – Organisationen, Konstruktionen wie die sich Volksparteien nennenden Vereinigungen – sind dafür meiner Ansicht nach derzeit keine geeigneten Interessen-Vertreter und Gesprächspartner. Innezuhalten und sie allein machen zu lassen, ist dennoch keine Option. Empört Euch, würde mein geschätzter Stéphane Hessel jetzt sagen. Titelbild: tweenytree/shutterstock.com…
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1 Nach dem Umsturz in Syrien: Melancholie in Moskau 9:28
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9:28Russland habe nie die Absicht gehabt, die Regierung in Syrien mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln militärisch zu unterstützen. Diese Botschaft verbreiten Moskauer Medien in diesen – für Russland bitteren – Tagen wie ein Trostpflaster. Moskau hofft derweil, dass es seine syrische Luftwaffenbasis Hmeimim und den Marinestützpunkt Tartus behalten kann, denn sie machen eine Luftbrücke nach Afrika möglich. Auch dort hat Russland Interessen. Aus Moskau berichtet Ulrich Heyden . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Russische Medien erinnern dieser Tage an einen Ausspruch von Putin im Jahr 2015. Damals sagte der russische Präsident, man habe die Regierung in Damaskus zu einem Dialog mit der Opposition aufgerufen. Weiter sagte der Kreml-Chef damals, „wir werden nicht mehr Syrier sein als die Syrier selbst“. Das sollte wohl heißen, dass die Hilfsbereitschaft von Russland nicht grenzenlos ist. Am Sonntagmittag veröffentlichte das russische Außenministerium eine Erklärung , in der es heißt: „ Mit äußerster Besorgnis verfolgen wir die dramatischen Ereignisse in Syrien. Im Resultat von Gesprächen, die B. Assad mit einer Reihe von Teilnehmern des bewaffneten Konfliktes auf dem Boden der Syrischen Arabischen Republik führte, hat er die Entscheidung getroffen, das Präsidentenamt zu verlassen und er verließ das Land und er gab den Befehl, die Machtübertragung friedlich durchzuführen. Russland war an diesen Gesprächen nicht beteiligt. Wir fordern alle an dem Konflikt beteiligten Seiten dringend auf, Gewalt zu vermeiden und alle Fragen auf politischem Wege zu klären. “ Der Sprecher von Putin, Dmitri Peskow, erklärte am Montag, die Entscheidung, Assad und seine Familie in Moskau aufzunehmen, habe der russische Präsident persönlich getroffen. Ein Treffen von Putin und Assad sei nicht geplant. Zuvor hatte der Kreml bekanntgegeben, dass Assad mit seiner Familie in Moskau angekommen sei. Assad habe „aus humanitären Gründen“ politisches Asyl erhalten. Vom Top-Terroristen zum Hoffnungsträger Der Umsturz in Syrien war in den letzten Tagen Top-Thema in den russischen Medien. Dabei war ein melancholischer Unterton nicht zu überhören. Immerhin hatte die russische Luftwaffe – vor allem in den Jahren 2015/16 – die Regierung von Baschar Assad durch Luftangriffe auf islamistisch-terroristische Gruppen unterstützt. Die Titelschlagzeile der liberalen Tageszeitung Nesawisimaja Gaseta war lakonisch: „Der Fall von Assad-Damaskus“. Die Schlagzeile auf der Titelseite des liberalen Kommersant lautete, „Syrien wurde zum Schock. Russland verlor Schlüsselpartner im Nahen Osten“. Weiter hieß es, „in der Hochphase des ukrainischen Konfliktes droht durch den Sturz von Assad eine neue Front gegen Russland, durch dessen Anstrengungen es gelang, das herrschende Regime (in Syrien, U.H.) und die territoriale Integrität zu bewahren“. Auf der Titelseite des Massenblattes Moskowski Komsomolez hieß es, „Dunkle Wolken über Syrien“. Die sehr patriotische Tageszeitung Komsomolskja Prawda brachte Berichte über den Sturz von Assad erst auf Seite vier. Olga Skabejewa, Moderatorin der täglichen Talk-Show 60 Minuten , sprach am Montagmorgen Klartext. Sie vermeldete, auf der syrischen Botschaft in Moskau sei die Fahne der syrischen Opposition gehisst worden. Der islamistische Top-Terrorist und neue starke Mann in Syrien, Muhammad al-Dscholani, auf den die USA „noch gestern“ zehn Millionen Dollar Lösegeld ausgesetzt hatten, sei heute „gemäßigter Islamist“, so Skabejewa in süffisantem Ton. Zu ihren Worten ließ sie ein paar Sekunden aus dem CNN-Interview mit Muhammad al-Dscholani einblenden, in dem dieser – wie ein versierter Politiker – von der Umgestaltung Syriens spricht. Fernseh-Moderatorin: „Verrat der Armee-Führung“ Die syrische Armee sei „zu den Aufständischen übergelaufen“, erregte sich Skabejewa. Der Grund sei „Verrat in der Armee-Führung“ von Syrien. Die Moderatorin zitierte aus dem britischen Guardian . Der hatte angeblich gemeldet, dass die syrische Armeeführung die Soldaten aufgerufen habe, gegen die Aufständischen „keinen Widerstand zu leisten“. Wadim Kosjulin, Militärexperte an der Moskauer Diplomatischen Akademie, sah das mit dem „Verrat“ der Armee-Führung etwas differenzierter. Er meinte gegenüber dem Internetportal Vsglyad , „die Kämpfer von Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) haben für den Sturz des syrischen Regimes weniger gemacht als Baschar Assad“. Der ehemalige Präsident habe sich „auf den Siegen Mitte der 2010er-Jahre ausgeruht“. Er und seine Mannschaft meinten, dass der Kampf um die Macht beendet sei. Die syrische Armee sei faktisch nicht modernisiert worden, so der Militärexperte. Sie sei zu einer „Ansammlung von Militärführern geworden, die alle nur ihren eigenen Clan aufbauen wollten. Das gefiel weder den Soldaten noch den einfachen Bürgern der Republik“. Auf den Einsatz von Drohnen, so der Experte, waren die syrischen Soldaten nicht vorbereitet, „weshalb sie in Panik gerieten“. Wenn diese Behauptung stimmt, sind so vielleicht auch die im russischen Fernsehen gesendeten Bilder zu erklären, wo Berge von chaotisch zurückgelassener Militärkleidung und Kalaschnikows zu sehen waren. „Kontrolliertes Chaos“ Das russische Internet-Portal Vsglyad zitiert den israelischen Experten für internationale Beziehungen, Simon Tsipis, der meint, die Macht in Syrien sei von Kräften gestürzt worden, „die vom Westen kontrolliert werden“. Weiter sagt Tsipis, „die Tätigkeit der HTS und anderer Organisationen wird von den Geheimdiensten der USA und Großbritanniens unterstützt. Auch Israel war an der Vorbereitung von Spezialisten beteiligt.“ Der Sturz von Assad spiele der Führung Israels in die Hände. Denn Syrien sei „ein traditioneller Gegner“ des israelischen Staates. Jetzt werde Syrien „Schritt für Schritt in einen zerstörten und ausgebluteten Staat verwandelt. Der Westen will ein kontrolliertes Chaos schaffen.“ Israel wird „einfach keinen Gegner mehr haben, der in der Lage ist, einen Angriff auszuführen“. Für Israel kann Syrien zu einem „Gaza plus“ werden Der größte Verlierer des Umsturzes in Syrien ist der Iran, meinte der russische Politologe Geworg Mirsajan . Durch den gewaltsamen Machtwechsel falle Syrien für die libanesische Hisbollah als Rückzugsort und Landbrücke zwischen dem Libanon und dem Iran aus. Für Israel sei der Umsturz in Syrien aber ein zweischneidiges Schwert. Denn mit Baschar Assad habe die israelische Führung in Krisensituationen immer noch reden können. Jetzt könne Syrien mit „seiner Ansammlung von Terroristen und Islamisten“ zu einer Art „Gaza plus“ werden. Die Fernsehmoderatorin Skabejewa prognostizerte, Syrien drohe das gleiche Schicksal wie Libyen und dem Irak. Man könne nur hoffen, dass das nicht passiert. Der Westen müsse sich auf eine neue Flüchtlingswelle aus Syrien einstellen. Das nicht einfache Verhältnis zwischen Moskau und Damaskus Syrien war schon zu Sowjetzeiten einer der wichtigsten Verbündeten Moskaus im arabischen Raum. Die militärische Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und Syrien begann 1946. 1957 wurde ein Wirtschaftsabkommen zwischen beiden Staaten unterzeichnet. Der Vater von Baschar Al-Assad – Hafiz Al-Assad – genehmigte der Sowjetunion 1971 die Einrichtung eines Marinestützpunktes in der Mittelmeerstadt Tartus. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2000 wurde Baschar Al-Assad im Juli 2000 mit 97 Prozent der Stimmen zum Präsidenten von Syrien gewählt. Russland unterstützte Syrien – vor allem 2015/16 – mit seiner Luftwaffe im Kampf gegen terroristisch-islamische Gruppen. Aber das Verhältnis zwischen Moskau und Damaskus ist nicht einfach. Die Politologin Elena Suponina meinte gegenüber dem Internet-Portal Vsglyad : „ Wir haben auch Baschar Assad Ratschläge gegeben, aber leider, hat er sie nicht immer befolgt. Im Verhältnis zur Türkei hatte er in Verhandlungen – wie Moskau riet – keine ausreichend flexible Position. Außerdem war er nicht bereit, mit Vertretern der gemäßigten Opposition zu verhandeln. “ Titelbild: Andy.LIU / Shutterstock…
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1 „Syrische Stelle für Menschenrechte“ usw.: Die Rückkehr der Syrien-Propaganda 9:00
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9:00In manchen deutschen Medien ist momentan eine Rückkehr von Vokabular aus der Syrien-Propaganda zu beobachten: Fragwürdige Ausdrücke wie der „Krieg gegen das eigene Volk“, die „Syrische Stelle für Menschenrechte“ oder die „gemäßigten Rebellen“ sind wieder präsent in Nachrichtentexten. Was noch aussteht, ist der erneute Bezug auf Weißhelme, Fassbomben, Giftgas oder Bana aus Aleppo. Ein Kommentar von Tobias Riegel . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hier soll kurz auf einzelne, nun in manchen deutschen Nachrichtentexten wiederkehrende Begriffe eingegangen werden: Die „Syrische Stelle für Menschenrechte“ sitzt weder in Syrien, noch ist sie eine offizielle „Stelle“, noch kümmert sie sich universell um Menschenrechte: Sie ist eine parteiische Initiative, die sich ganz überwiegend der Meinungsmache gegen die Assad-Regierung gewidmet hat. Trotzdem wird die „Stelle“ aktuell wieder verstärkt von deutschen Medien zitiert (unter anderen hier ) – immerhin ihr „Sitz in Großbritannien“ wird mittlerweile oft dazugesagt. „Befreiung“ und „Krieg gegen das eigene Volk“: Der CDU-Politiker Norbert Röttgen sprach aktuell im Deutschlandfunk von einem „Tag der Befreiung“ für Syrien, der durch den Durchmarsch der Islamisten nun stattgefunden habe. Außerdem nutzten Röttgen sowie sein Interviewpartner Christoph Heinemann vom Deutschlandfunk den Ausdruck vom „Krieg gegen das eigene Volk“, den Assad geführt habe. Auch bei der ZDF-heute-Sendung vom Sonntag hieß es, „Assad führte Krieg gegen das eigene Volk“. Zu dieser seit 2011 genutzten Floskel ist zu sagen: Die überwiegend islamistischen Kämpfer, gegen die Assad in Syrien Krieg geführt hat, waren meiner Meinung nach zu keinem Zeitpunkt durch „das Volk“ legitimiert, sondern vor allem durch eine massive internationale Medienkampagne. Ob sie je eine Mehrheit der Syrer vertreten haben, ist mehr als ungewiss. Mit dieser Aussage wird ein vorhandener großer Unmut gegenüber Assad in Teilen der syrischen Bevölkerung vor 2011 nicht in Abrede gestellt. Auch die aktuelle Freude über Assads Sturz bei vielen Syrern soll nicht diffamiert werden – die Frage ist aber, ob der für den Sturz extrem hohe Preis gerechtfertigt war und ob das Land sich unter den neuen Machthabern in eine bessere Richtung bewegen wird. Hier sind sehr starke Zweifel angebracht. Außerdem: Die großen Gefahren, die mit dem Regime-Change in Syrien verbunden waren und noch sind, waren bereits 2011 absehbar. Jetzt neu: „Pragmatische Radikale“ Der momentan zentrale Akteur in Syrien, Muhammad al-Jawlani (alternative Schreibweise: Muhammad al-Dschaulani ), wurde noch 2017 als Terrorist vom FBI gesucht . Seither habe er sich aber von Terrornetzwerken distanziert, heißt es. Für die jetzt siegreichen Kämpfer gibt es bereits eine neue Wortschöpfung: „pragmatische Radikale“ . Die aktuellen unübersichtlichen Machtverhältnisse in Syrien sollen hier nicht Thema sein. Aber im Laufe der Jahre wurden die gegen Assad kämpfenden, teilweise radikal-islamistisch gesonnenen „Rebellen“ unter anderem auch von wechselnden Partnern „des Westens“ wie Golfstaaten oder der Türkei unterstützt – und auch direkt durch den US-Geheimdienst CIA, wie etwa die New York Times 2016 in diesem Artikel beschrieben hat . Thomas Röper beschreibt in diesem Artikel die sogenannte Operation Sycamore, Seymour Hersh ist bereits 2014 in diesem Artikel auf Waffenlieferungen von Libyen nach Syrien unter Beteiligung von US-Geheimdiensten eingegangen. Hersh schreibt: „Die Obama-Regierung hat nie öffentlich zugegeben, dass sie eine Rolle bei der Einrichtung des von der CIA als ‚Rattenlinie‘ bezeichneten Kanals nach Syrien gespielt hat. Die Anfang 2012 genehmigte ‚Rattenlinie‘ diente dazu, Waffen und Munition aus Libyen über die Südtürkei und die syrische Grenze an die Opposition zu schleusen. Viele derjenigen in Syrien, die die Waffen schließlich erhielten, waren Dschihadisten, von denen einige mit Al-Qaida in Verbindung standen.“ Dazu kommt, dass zahlreiche der islamistischen Kämpfer gegen Assad gar keine Syrer waren, es sich also zumindest bei den syrischen IS-Kämpfern und auch bei anderen syrischen Milizen zum Teil mutmaßlich um ausländische Söldner gehandelt hatte. Kann man solche Truppen als „das syrische Volk“ bezeichnen? Assad und das Giftgas Auf die nun wieder anklingenden Vorwürfe gegen die Assad-Regierung, „Giftgas gegen das eigene Volk“ eigesetzt zu haben, ist Karin Leukefeld in zahlreichen Artikeln auf den NachDenkSeiten eingegangen – etwa hier oder hier oder hier oder hier . Die Beiträge zeigen, dass viele der Giftgas-Vorwürfe gegen die Assad-Regierung auf einer sehr fragwürdigen Basis stehen. In diesem Artikel soll keineswegs das Handeln der Familie Assad pauschal verteidigt werden oder die inakzeptable Tatsache, dass eine Familie jahrzehntelang ein Land mit harter Hand beherrschte. Sehr wohl werden hier aber die Mittel scharf kritisiert, die nun zu Assads Sturz geführt haben und die (voraussehbar) seit 2011 Millionen Menschen entweder getötet, verwundet oder vertrieben haben. Diese Kritik trifft auch jene deutschen Journalisten und Politiker, die diese Politik verteidigt haben. Ein „Tag der Befreiung“? Die Gegner Assads haben nun gewonnen, alles jetzt Folgende kann man nun nicht mehr ihm oder den Russen anlasten – man darf gespannt sein, wie die deutschen Journalisten, die seit 2011 auch radikale Islamisten in Syrien indirekt als gemäßigte Rebellen oder gar als syrische „Opposition“ dargestellt haben, sich nun verhalten werden, da diese an der Macht sind. Ihre indirekte Mitverantwortung an der Zerstörung des Landes in der Vergangenheit, an den daraus entstandenen Flüchtlingsströmen auch nach Deutschland und an den Verwerfungen in der näheren Zukunft werden deutsche Journalisten und Politiker wohl kaum eingestehen. Im Gegenteil: Die jetzige Wiederholung von Vokabular aus der Hochzeit des syrischen „Bürgerkriegs“ durch manche Akteure ist meiner Meinung nach auch ein Versuch, die Propaganda von damals als bis heute „gültig“ aussehen zu lassen und damit das eigene Verhalten weißzuwaschen. Nun herrschen überwiegend Islamisten über ein teils zerstörtes und zerstückeltes Syrien – und das soll „ein Tag der Befreiung“ (Norbert Röttgen im DLF ) oder eine „positive und lang erwartete Entwicklung“ ( Kaja Kallas auf X ) oder eine „gute Nachricht“ ( Kanzler Scholz ) sein? Wer hat den Krieg ab 2011 (auf Basis vorhandenen starken Unmuts gegen Assad in Teilen der syrischen Bevölkerung) aktiv zusätzlich angefacht und seither mit Propaganda und Kriegsmaterial am Leben erhalten? Der säkulare Vielvölkerstaat Syrien wurde seitdem zerstört und zerstückelt. Die Gefahr eines weiteren Zerfalls des Landes ist real. Selbst (oder gerade) wenn die nun dominierenden Dschihadisten-Gruppen so moderat sein sollten, wie sie jetzt dargestellt werden, kann es noch zu Machtkämpfen mit radikaleren Gruppen kommen. „Die Syrer“ feiern Assads Sturz Man sieht nun viele Bilder in deutschen Nachrichtensendungen, auf denen „die Syrer“ in Deutschland feiern. Bei vielen Syrern, die sich im Ausland befinden, erscheint das nachvollziehbar. Ich weiß aber nicht, wie aussagekräftig diese Bilder für die Situation in Syrien selbst sind: Jene Syrer in dem multi-religiösen Vielvölkerstaat, die jetzt Angst vor Islamisten haben, werden sich wahrscheinlich vorerst nicht zu erkennen geben. Droht nun eine neue Welle von Flüchtlingen aus Syrien für Deutschland? Oder werden nun, da Syrien „befreit“ ist, viele der nach Deutschland geflüchteten Syrer in ihre Heimat zurückkehren? Der Wahlkampf um diese Frage läuft hierzulande schon. Titelbild: Mr Changezi / shutterstock.com…
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1 Ein Hauch von 1984 – Telepolis löscht das eigene Archiv 7:41
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7:41Als Telepolis 1996 das Licht der Welt erblickte, gab es den Ausdruck „alternative Medien“ noch nicht einmal. Wie auch die NachDenkSeiten gehörte das zum Heise Verlag gehörende Onlinemagazin zu den Pionieren eines publizistischen, politischen Mediums, in dem auch Fakten und Meinungen zu Wort kamen, die sich nicht in den Mainstream einreihen ließen. Dieses kulturelle Erbe ist nun Geschichte. Im Rahmen einer „Qualitätsoffensive“ – allein dieser Begriff könnte auch George Orwells 1984 entliehen sein – hat Telepolis nun alle Artikel, die vor 2021 erscheinen sind, vom Netz genommen – das sind über 50.000 Beiträge. 2021 übernahm der neue Chefredakteur Harald Neuber, der auch für die Löschaktion verantwortlich zeichnet, das Ruder. Auch ich habe früher für Telepolis gearbeitet und empfinde das Vorgehen als Schande. Von Jens Berger . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Dass ich heute überhaupt als Journalist arbeiten kann, ist auch zwei Personen zu verdanken: Florian Rötzer und Thomas Pany, damals Chefredakteur bzw. Redakteur des Onlinemagazins Telepolis . Als ich 2006 in meinem alten Job in der Unternehmenskommunikation entnervt den Bettel hinschmiss und mich als freier Journalist betätigte, war dies vor allem aus finanzieller Hinsicht eine Kamikaze-Aktion, da es für Quereinsteiger nicht eben einfach ist, seine Texte an den Mann zu bringen. Ohne Telepolis – und später den Freitag – wäre meine „Karriere“ in der schreibenden Zunft wohl bereits lange beendet, bevor ich 2011 erst als freier Mitarbeiter und später als Redakteur zu den NachDenkSeiten stieß. Dafür bin ich Telepolis und meinen beiden damaligen „Betreuern“ für immer dankbar. Über die fünf Jahre hinweg, die ich als freier Autor für Telepolis tätig war, steuerte ich über 100 Artikel bei. Darunter waren zahlreiche Hintergrundartikel zur Finanzkrise 2007/2008, eine ausführliche Serie zur Pleite der HypoRealEstate , eine Serie zur damals beginnenden Eurokrise , aber auch ausführlich recherchierte Reportagen wie die über den Whistleblower Rudolf Elmer , der mit seinen „Steuerhinterzieherdaten“ damals die Republik erschütterte und selbst ins Visier der Schweizer Banken geriet. Auch wenn Eigenlob bekanntlich stinkt, muss ich doch sagen, dass ich durchaus stolz auf diese „Frühwerke“ bin. Das sieht der derzeitige Chefredakteur von Telepolis offenbar anders. Wenn man diese Artikel heute auf der Seite von Telepolis aufrufen will, erhält man nur den Hinweis, dass „dieser Text nicht weiter zur Verfügung gestellt [wird]“, da er nicht dem „redaktionellen Leitbild“ entspricht, dem sich Telepolis im Jahr 2022 verschrieben hat. Und das betrifft nicht nur die Artikel aus meiner Feder, sondern ausnahmslos alle(!) Artikel, die vor dem Jahr 2021 erschienen sind – also auch die Artikel der damaligen Redaktion und kulturhistorisch wertvolle Stücke wie die des berühmten polnischen Science-Fiction-Schriftstellers Stanislaw Lem, von dem seit 1997 zahlreiche Essays auf Telepolis erschienen sind, von denen gerade einmal zwei 2021 postum erschienene Texte die große Säuberung überlebt haben. Auch dass ein Chefredakteur sämtliche Artikel seines Vorgängers löscht, ist in der Mediengeschichte wohl ein einmaliger Vorgang. Eine derartige Zerstörung kulturellen Erbes kennt man sonst nur von den Taliban. Die Erklärung des TP-Chefredakteurs Neuber ist dabei an zahlreichen Stellen unfreiwillig komisch. Da heißt es beispielsweise, man könne in den älteren Beiträgen „mögliche Urheberrechtsverletzungen nicht ausschließen“, da „der Umgang mit urheberrechtlich geschütztem Material in der Frühzeit des Internets lockerer war“ und nun Abmahnungen drohen. Ja, das ist richtig. Dieses Problem kennen auch die NachDenkSeiten – nur, dass wir nie auf die Idee kämen, deshalb das komplette Archiv zu löschen. Wir haben in aufwändiger Arbeit ältere Mediendateien, die möglicherweise urheberrechtlich problematisch sind, händisch aussortiert, die Artikel, in denen diese Bilder vorkamen, sind aber selbstverständlich noch online. Ferner schreibt Neuber, dass ein Grund für das „Offline nehmen“ der Artikel der Umstand gewesen sei, dass die „Bilder [in den älteren Artikeln] nie barrierefrei und damit nicht für alle Leser zugänglich“ wären, was als Erklärung für die Löschung unfreiwillig komisch klingt. Neuber kündigt auch an, dass „viele Archivperlen“ neu erscheinen werden, und führt dabei aus: „Wir werden die alten Inhalte systematisch und so schnell wie möglich sichten und – soweit sie noch einen Mehrwert bieten – nach unseren Qualitätskriterien bewerten und überarbeiten.“ Artikel, die damals von Redaktion und Chefredaktion bereits bewertet und ggf. auch überarbeitet wurden, sollen nun also vom neuen Chefredakteur noch einmal bewertet und überarbeitet werden? Wo verläuft die Grenze zwischen Geschichten umschreiben und Geschichte umschreiben? So sehr man die Löschung des kompletten Archivs auch kritisieren muss – vollkommen überraschend kam dies nicht. Seit dem Abschied des Telepolis-Mitgründers und langjährigen Chefredakteurs Florian Rötzer hat das Magazin deutlich an Biss verloren. War Telepolis früher ein kritischer Dorn im Fleisch der Mächtigen und – wie die NachDenkSeiten – ein Korrektiv zum Mainstream, bemüht man sich seitdem sichtlich um „Ausgewogenheit“, man hat seine Kanten abgeschliffen und bezeichnet das nach außen als Orientierung an journalistischen Standards . Sicher, nicht alle historischen Artikel werden diesen Standards entsprochen haben – aber auch das ist Kulturgeschichte. Telepolis wurde als medienpolitisches Experiment ins Leben gerufen. Wer wissen will, wie sich die deutsche Netzkultur in den frühen Jahren des Onlinejournalismus entwickelt hat, für den war Telepolis die wohl beste Primärquelle. Es sind nicht nur die „guten“, journalistisch hochwertigen Texte – die nun auch alle gelöscht wurden -, sondern auch die aus heutiger Perspektive vielleicht ein wenig schrägen Artikel, die kulturell wertvoll sind. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die frühen, sicher nicht perfekten Werke von Malern, Schriftstellern oder Komponisten zu vernichten, weil sie späteren Qualitätsstandards nicht entsprechen. Über die Hintergründe der Löschaktion und der Anpassung der redaktionellen Ausrichtung an den Mainstream kann man nur spekulieren. Die Entwicklung, die Telepolis genommen hat, ist jammerschade und stellt für die alternativen Medien in Deutschland zweifelsohne eine Zäsur dar. Seien Sie sich aber sicher, dass die NachDenkSeiten diesen Weg nicht gehen werden. Titelbild: Screenshot Telepolis…
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1 Personalrat übt harsche Kritik an Lauterbach: Angst, Frust und Resignation im Gesundheitsministerium – Was sagt der Minister? 6:21
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6:21Aus dem Tätigkeitsbericht des BMG-Personalrats für das zweite Halbjahr 2024 geht hervor, dass im Bundesgesundheitsministerium eine chronisch schlechte Stimmung herrschen soll. Ausdrücklich wird auf mangelnde Wertschätzung der Beschäftigten, ebenso mangelhafte Kommunikation und Furcht vor Disziplinarmaßnahmen verwiesen. Zudem ist die Rede von weit verbreitetem Frust und Resignation. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, wie Minister Lauterbach zu den Vorwürfen steht. Doch statt einer Antwort empfahl der BMG-Sprecher die Lektüre der BILD-Zeitung . Von Florian Warweg . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. „Mangelhafte Kommunikation“ Als einer der Hauptgründe für die „miserable Stimmung“ im Bundesgesundheitsministerium wird vom Personalrat, wie unter anderem die Ärzte-Zeitung berichtet , insbesondere der „mangelhafte“ Kommunikationsstil von Lauterbach benannt. So habe sich der Minister beispielsweise nach dem Ampel-Aus am 7. November lediglich mit einer kurzen, nichtssagenden E-Mail an seine Mitarbeiter gewandt. In dem Bericht heißt es dazu: „Sie (die Mitarbeiter) hätten sich zumindest in dieser Situation eine direkte Ansprache von Herrn Minister persönlich gewünscht, um den Sinn und Zweck mancher Anforderungen verstehen zu können.“ Weiter führt der Personalrat aus: „Für viele Kolleginnen und Kollegen, die seit Jahren unter einer extrem hohen Arbeitsbelastung leiden, ist vor allem diese Art der Kommunikation, verbunden mit einem floskelhaften Dank für gute Arbeit und großes Engagement – einmal mehr – sehr enttäuschend.“ „Miserable Stimmung“ und Furcht vor „disziplinarrechtlichen Maßnahmen“ Ebenso verweist der Personalrat auf eine chronisch „miserable“ Stimmung, die sich noch durch die Ankündigung Lauterbachs verstärkt hätte, bei der Beschaffung von Masken während der Corona-Pandemie im eigenen Haus „jeden Stein“ umdrehen zu wollen. Dazu hat der Minister ausgerechnet die ehemalige Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Margaretha Sudhof, als Sonderbeauftragte eingesetzt. Diese hätte, so Lauterbach unter anderem gegenüber der FAZ , den auf Auftrag, „auszumisten“. Er wolle „systematisch und schonungslos“ bei der Auswertung der Akten vorgehen. Seitdem herrsche große Unruhe im Haus, „weil Mitarbeiter Konsequenzen bis hin zu disziplinarrechtlichen Maßnahmen fürchten“. Den Mitarbeitern ist in dem Zusammenhang wohl auch klar, dass die lauthalsen Ankündigungen ihres Chefs, „systematisch und schonungslos“ aufzuräumen, nicht für ihn selbst und seine Staatssekretäre und deren Rolle während der Corona-Maßnahmen gelten wird. Im Bericht wird ebenso beklagt, dass zahlreiche Abteilungen trotz Ampel-Aus unter „Hochdruck“ an Gesetzgebungsvorhaben arbeiten müssten, obwohl offensichtlich sei, dass diese „keine Chancen mehr auf Umsetzung“ hätten. Die Bilanz der Mitarbeitervertretung fällt entsprechend drastisch aus: „Der Personalrat nimmt wahr, dass der ohnehin große Frust im Haus noch größer geworden ist.“ Hat Lauterbachs Sprecher gelogen? Auf die Frage der NachDenkSeiten , wie Minister Lauterbach sich zu den Vorwürfen verhält, gab es statt einer Antwort den Verweis auf angebliche Äußerung des Ministers zu dem Thema beim Boulevard-Blatt BILD . Doch im entsprechenden Artikel zu dem Thema heißt es bis heute am Ende des Artikels: „Eine BILD-Anfrage an das Ministerium blieb bislang unbeantwortet.“ Und in dem Interview mit Lauterbach, das das Springer-Erzeugnis am 30. November veröffentlichte , wird das Thema Kritik des Personalrats überhaupt nicht angesprochen. Dort geht es ausschließlich um das Thema der mutmaßlichen politischen Einflussnahme durch den Gesundheitsminister auf das RKI. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 4. Dezember 2024 Frage Warweg Eine Frage an das Gesundheitsministerium: Aus dem Tätigkeitsbericht des BMG-Personalrats für das zweite Halbjahr 2024 geht hervor, dass im Ministerium eine chronisch schlechte Stimmung herrschen soll. Unter anderem wird auf mangelnde Wertschätzung der Beschäftigten durch den Minister, mangelhafte Kommunikation und Furcht vor Disziplinarmaßnahmen verwiesen. Es ist zudem die Rede von weit verbreitetem Frust und Resignation. Da würde mich interessieren: Wie verhält sich denn der Minister zu den Vorwürfen des Personalrats seines Hauses? Gülde (BMG) Herr Warweg, zum einen möchte ich darauf hinweisen, dass der Minister sich dazu schon gegenüber der „Bild“ geäußert hat. Im Übrigen hat auch der Minister dem Mitarbeitermagazin ein Interview gegeben. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Zusatzfrage Warweg Konkrete Informationen können Sie uns ja auch zukommen lassen. Gülde (BMG) Wie gesagt, das Interview mit der „Bild“ ist öffentlich; das können Sie sich gerne anschauen. Anmerkung Florian Warweg: Eigentlich hatte ich im Themenkontext „schlechte Stimmung“ in Ministerien noch eine Nachfrage an das Bundeswirtschaftsministerium geplant gehabt. Doch leider hatte mir die BPK-Moderatorin meinen Kommentar auf die erste Antwort des BMG-Sprechers („Konkrete Informationen können Sie uns ja auch zukommen lassen“) als Nachfrage gewertet, was es offensichtlich nicht war, und mir in Folge eine reale Nachfrage nicht mehr gestattet. Im Anschluss dokumentiere ich daher der Vollständigkeitshalber noch die geplante Nachfrage: „Wenn wir gerade bei schlechter Stimmung in Ministerien sind. Für besondere Furore sorgte ja die Information Ende August 2022, dass Wirtschaftsminister Habeck den Inlandsgeheimdienst auf zwei altgediente, ranghohe Mitarbeiter im BMWK angesetzt hatte , weil deren Fachmeinungen „meilenweit“ – so die damalige Begründung – von der politischen Linie des Ministers abgewichen seien. Da würde mich interessieren, hat der Minister denn in den letzten zwei Jahren erneut auf diese Einschüchterungsmaßnahme bei nicht genehmen Fachmeinungen zurückgegriffen? Und wie würde das BMWK denn allgemein die derzeitige Stimmungslage bei den Mitarbeitern des Ministeriums beschreiben?“ Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 04.12.2024 Mehr zum Thema: RKI-Files, mutmaßliche Lügen des Karl Lauterbach und die hilflosen Ausreden seines Sprechers NachDenkSeiten fragen nach: Wieviel Bertelsmann-Stiftung steckt in Lauterbachs Krankenhausreform? Steht Gesundheitsminister Lauterbach weiterhin zu seiner Aussage der „nebenwirkungsfreien“ Covid19-Impfung? Bundeswirtschaftsministerium unter Habeck: Vetternwirtschaft, Klima der Angst und Einsatz des Inlandsgeheimdienstes bei „abweichenden Einschätzungen“…
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1 Zur Serie interessanter Dokumente: Adenauer – was für ein politisches Ferkel das war 21:45
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21:45Verzeihen Sie diese Ausdrucksweise. Aber treffender geht es nicht: Um seiner Partei im damaligen Westdeutschland die Mehrheit zu sichern, hat Adenauer die Abspaltung Ostdeutschlands, also der späteren DDR, hingenommen und betrieben. Das wurde in den Jahren 1949-1953 vor allem in der Auseinandersetzung mit dem damaligen Bundesinnenminister und Mitglied der CDU Gustav Heinemann sichtbar. Zur Beschreibung und zum Beleg dieser Vorgänge verweise ich auf diesen Artikel des Historikers Karl-Ludwig Sommer. Ein sehr lesenswerter Text. Zum Verständnis der Teilung Deutschlands, die unnötig war, ist auch die Rede Gustav Heinemanns vom 23. Januar 1958 wichtig. Das war eine Bilanz und Anklage des inzwischen zur SPD gewechselten Mitgründers der Rheinischen CDU. Die Rede geben wir am Ende dieses Textes wieder. Albrecht Müller . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Auch Österreich war nach dem Zweiten Weltkrieg von den vier Alliierten besetzt. Aber anders als im Adenauer-Deutschland haben die verantwortlichen österreichischen Politiker versucht, die Einheit ihres Landes zu retten. Mit Erfolg. Sie haben in zähen Verhandlungen einschließlich eines Besuchs in Moskau erreicht, dass seine Einheit erhalten bleibt und die Alliierten abzogen. Der westdeutsche Katholik Adenauer gab vor, das Heil in der Westbindung, wie es hieß, und der damit verbundenen Wiederaufrüstung Westdeutschlands – also der britischen, der französischen und US-amerikanischen Zone – zu sehen. Adenauer nahm an, jedenfalls behauptete er es, dass dann die Sowjetunion bereit wäre, ihren Teil in die Einheit Gesamtdeutschlands zu entlassen. Das funktionierte aber nicht. Adenauer hatte damit, was er wollte: einen stark katholisch geprägten westdeutschen Staat, die Bundesrepublik Deutschland. Die 17 Millionen „Brüder und Schwestern“ im Osten interessierten ihn in der Sache wenig, propagandistisch schon – mit „deinem Päckchen nach drüben“ und was es sonst noch so alles gab. Nachbemerkung: Dieser Text ist auch geprägt von persönlichen Erfahrungen. Ich habe mich als Jugendlicher zusammen mit meinen älteren Brüdern für die Anfang der fünfziger Jahre von Gustav Heinemann gegründete Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP) engagiert, Plakate geklebt und Veranstaltungen arrangiert. Wir hatten die Umstände damals übrigens genauso gesehen, wie es der Historiker Karl-Ludwig Sommer in dem oben verlinkten Text beschrieben hat. Populär ausgedrückt: Adenauer hatte keinen Bock auf die Einheit. Aber er ließ viel Schattenboxen zu. Die genannten „Päckchen nach drüben“ zum Beispiel. Typisch waren auch die gesamtdeutschen Kirchentage. Ich selbst war 1953 beim Evangelischen Kirchentag im Hamburg. Dort schlossen wir Freundschaften mit Gleichaltrigen aus Dresden, Erfurt und Brandenburg. Ich selbst war wenige Jahre später sogar zu einem Ferienaufenthalt in Brandenburg und dann später auch in Dresden. Die Einheit erhalten hat uns das nicht. So hat sich übrigens auch nicht die Mehrheit der Westdeutschen verhalten; sie reisten zum Urlaub lieber nach Teneriffa als in die DDR. Die Mehrheit hat die Trennung gelebt. Hier wie angekündigt die Bundestagsrede des damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann vom 23. Januar 1958: Download: 1958.01.23 9, Sitzung der 3. Legislatur AUSSCHNITT klein [PDF]…
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NachDenkSeiten – Die kritische Website
1 Robert Crumbach: „Sollte es zu einer Regierung zwischen BSW und SPD kommen, wird es ein Corona-Amnestiegesetz geben. Punkt“ 18:56
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18:56„Es braucht dringend einen Corona-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag“, sagt der Landes- und Fraktionschef des BSW in Brandenburg, Robert Crumbach , im Interview mit den NachDenkSeiten . Und das bedeute, „dass Leute wie Gesundheitsminister Lauterbach, der nachweislich und mehrfach die Unwahrheit in der Corona-Zeit gesagt hat, sich dafür verantworten müssen“. Crumbach kündigte an, dass es in Brandenburg bei einer Regierungskoalition zwischen SPD und dem BSW zu einem Corona-Amnestiegesetz kommen werde. Und zum Vorhaben, „Kriegstüchtigkeit“ in Brandenburg umzusetzen, sagte der BSW-Politiker: „Da werden wir nicht mitmachen.“ Ein Interview über das BSW in Brandenburg, die Koalitionsverhandlungen zwischen BSW und SPD und der Kritik am Entwurf des Koalitionsvertrags. Von Marcus Klöckner . Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Herr Crumbach, wie betrachten Sie die Gespräche und Verhandlungen, die zu dem vorliegenden Entwurf des Koalitionsvertrages geführt haben? Waren die Gespräche schwierig? Ich habe zum ersten Mal Koalitionsverhandlungen geführt. Ich vermute aber, dass sowas nie ganz einfach ist. Zumindest dann nicht, wenn man das eigene Programm ernst nimmt. Und das tun wir. Wer den Kompromiss im Kopf schon mitdenkt, bevor er in die Verhandlungen geht, etwa weil er unbedingt regieren will, schwächt seine Verhandlungsposition. Aber keiner aus unserem Verhandlungsteam hat noch vor einigen Monaten im Traum daran gedacht, in diese Situation zu geraten, dass wir über eine Regierungsbeteiligung beraten würden. Und keiner hat je den Wunsch geäußert, Minister werden zu wollen. Das war gut fürs Ergebnis, denn wir hatten so nix zu verlieren. Und das Resultat nun? Sind Sie damit zufrieden? Ja, ich finde, der Vertrag kann sich sehen lassen. Wir konnten in dem Vertrag eine Kritik an der Schuldenbremse unterbringen und den Willen festschreiben, sie mindestens zu reformieren. Damit in Zukunft wichtige Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Gesundheit einfacher möglich wären. Auch, dass wir vereinbaren konnten, alle Krankenhausstandorte zu erhalten, ist ein großer Erfolg. Wir haben sogar wichtige Themen, für die bei der SPD vermutlich etwas die Sensibilität fehlt, durchsetzen können: Zum Beispiel den Erhalt der Bargeldinfrastruktur und dass Digitalisierung nicht bedeuten darf, dass man Ämter gar nicht mehr telefonisch erreichen oder physisch zu einem Termin erscheinen kann. Zwischen der Zufriedenheit auf der Seite der Politik und auf der Seite der Bürger liegt oft ein Abgrund. Lassen Sie uns etwas näher auf den Koalitionsvertrag eingehen. An welchen Stellen sehen Sie selbst das Positive? Als gelernter Arbeitsrichter mit Gewerkschaftshintergrund sind mir die vielen Verbesserungen für Beschäftigte besonders wichtig. Wir führen eine ambitionierte Tariftreue-Regelung ein, die hoffentlich die Zahl der Betriebe mit Tarifverträgen erhöhen wird. Für die Wirtschaftsförderung wollen wir ähnliche Kriterien. Den Vergabemindestlohn wollen wir auf 15 Euro erhöhen und uns im Bund für einen deutlich höheren allgemeinen Mindestlohn und bessere Kontrollen davon einsetzen. Schließlich möchten wir die Debatte um Fachkräftemangel versachlichen. Diese Debatte darf nicht dafür genutzt werden, Löhne niedrig oder Arbeitsbedingungen weniger gut zu halten, weil man immer irgendwen findet, der zu den bestehenden Bedingungen die Arbeit macht. Natürlich brauchen wir mehr Fachkräfte in manchen Branchen. Auch aus dem Ausland. Aber unser Fokus liegt in der Qualifizierung der Menschen, die bereits in Brandenburg leben. Und bei ausländischen Fachkräften konnten wir festhalten, dass deren Übersiedlung nach Deutschland keine negativen Auswirkungen auf strukturschwächere Länder haben darf. Denken Sie beispielsweise an das Gesundheitswesen in den Ländern des Balkans. Das steht vielerorts vor dem Kollaps, weil wir denen ausgebildete Ärzte und Pfleger „wegnehmen“, anstatt hier mehr auszubilden oder die Bedingungen attraktiver zu machen. Gibt es etwas, womit Sie nicht zufrieden sind? Natürlich ist ein Koalitionsvertrag immer ein Kompromiss. Er kann nicht zu 100 Prozent das Programm des BSW sein. Das wäre mir natürlich auch lieber, aber das ist derzeit nicht die Realität. Wir haben bei den Wahlen aus dem Stand 13,5 Prozent geholt. Die SPD knapp 32 Prozent. Und dennoch haben wir in der Ausgestaltung des Vertrags in etwa Augenhöhe bewiesen. Vonseiten der AfD weht Ihnen ein rauer Wind entgegen. Da ist von einem „weiter so“ die Rede und davon, dass der Koalitionsvertrag nichts anderes als ein „Regierungsprogramm der SPD“ sei. Und: „Das BSW hat sich für Ministerposten komplett verkauft und hält nichts von dem, was es versprochen hat“ , heißt es. Was entgegen Sie dem? Die AfD ist wie alle Parteien im Wahlkampfmodus. Das sollte man nicht allzu ernst nehmen. Ich sehe nicht, dass es ein „Weiter so“ ist, wenn wir im Vertrag beispielsweise in der Bildungspolitik deutlich neue Akzente setzen konnten. Wir werden verbindliche Deutsch-Sprachtests für Kleinkinder vorziehen, um Ihnen bei etwaigen Defiziten frühzeitig helfen zu können. Lehrer werden endlich mehr entlastet, damit sie sich auf die Vermittlung des Unterrichtsstoffes konzentrieren können. An den Grundschulen wird dank uns der Schwerpunkt fortan wieder mehr auf der Vermittlung der Kernkompetenzen Schreiben, Lesen und Rechnen liegen. Und entsprechend dem neuesten Stand der Lern-Forschung wird die Arbeit mit analogen Unterrichtsmaterialien in der Grundschule klar Vorrang haben. Private Endgeräte der Kinder müssen verpflichtend verstaut werden. Kaum hatten wir das durchgesetzt, beantragt die AfD nun ein komplettes Handy-, Tablet- und Smartwatch-Verbot an Schulen bis zur 10. Klasse. Wenn wir dem dann nicht zustimmen werden, wird die AfD von Verrat reden. Das ist ein Spiel. Solche Anträge zu schreiben und dann in den sozialen Medien zu skandalisieren, ist sehr leicht. Ich finde es übrigens ulkig, dass die AfD, die so gern von Freiheit schwafelt, keine pragmatischen Lösungen will, sondern weitflächige Verbote anstrebt. Nun ist die AfD ein politischer Konkurrent. Dass Parteien, die sich gegenüberstehen, sich kritisieren, liegt auf der Hand. Aber bei der Betrachtung des Koalitionsvertrages fallen tatsächlich Stellen auf, über die gesprochen werden sollte. Gestatten Sie mir zu zitieren: Wir sind übereingekommen, dass wir uns (…) dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukrainekonflikts und den Abbau der damit verbundenen Spannungen innerhalb Europas durch Verhandlungen mit den Konfliktparteien mit dem Ziel von Waffenstillstand und dauerhaftem Frieden voranzutreiben. Wir sehen vor diesem Hintergrund die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen auf deutschem Boden kritisch. Es braucht konkrete Angebote, um wieder zu Abrüstung und Rüstungskontrolle zu kommen. Wir setzen uns für eine breit angelegte gesellschaftliche Debatte zu diesen Themen ein. Wir stimmen darin überein, dass für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist und die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss. Deswegen stehen wir zur Bundeswehr und ihren Brandenburger Standorten. Weite Teile dieses Abschnitts wirken so, als seien die Positionen des BSW beschnitten. Alles wirkt sehr zaghaft und sehr zurückhaltend formuliert. Die Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen „kritisch“ zu sehen, ist etwas anderes als sie abzulehnen. Oder: Wenn Sie davon sprechen, dass „für Frieden und Sicherheit die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist“, dann könnte diese Aussage auch von der CDU oder den Grünen kommen. Wer betont so etwas explizit, wenn er nicht dem Geist der sogenannten „Zeitenwende“ folgt? Folgt das BSW in Brandenburg nun auch der Politik Zeitenwende? Das BSW lehnt die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab. Wie wir wissen, ist das bei Bundeskanzler Scholz nicht der Fall. Das ist doch die Spannbreite, innerhalb der wir hier in Brandenburg zu einem Kompromiss gekommen sind. Ich glaube, es hat vielleicht noch nie eine Landesregierung in Deutschland gegeben, die offen die Stationierung von US-Waffen kritisiert. Das BSW unterstützt weder den Geist der Zeitenwende noch Aufrüstung. Die 10 Abgeordneten der BSW-Gruppe im Bundestag haben damals alle gegen das 100-Milliarden-Aufrüstungs-Sondervermögen gestimmt. Und werden sicherlich auch gegen weitere Aufrüstungspläne stimmen. Je stärker das BSW bei der Bundestagswahl abschneidet, desto besser. Dass das BSW die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen ablehnt, ist ja bekannt. Aber warum formulieren Sie es dann nicht so in Ihrem Koalitionsvertrag? Sie merken es selbst: Das ist eine der Stellen, wo man Ihnen durchaus vorwerfen kann, Ihre Positionen nicht formuliert zu haben. Also erstens heißt es dazu, „Wir sehen das kritisch“, das ist doch schon eine klare Aussage, dass es abgelehnt wird. Und zweitens: unsere Position ist – wie Sie erwähnen – eindeutig und bekannt. Aber wir formulieren ja keinen Koalitionsvertrag mit uns selbst, sondern mit einer Partei, die sich da schwertut. Ein großer Teil der medialen und politischen Blase ist seit Jahren im Tunnelblick. Diese Leute wollen nur noch aufrüsten und denken in einem Freund-Feind-Schema. Das ist in höchstem Maße unverantwortlich, weil es die Konsequenzen des eigenen Handelns überhaupt nicht miteinbezieht. Das ist die reale Situation, in der wir Politik machen und uns verhalten müssen. Dass wir in dieser Situation reingrätschen und in dem Koalitionsvertrag eine Richtungswende erreicht haben, die sich sehr deutlich vom Rest der Politik abhebt, ist der entscheidende Unterschied und ein Erfolg. Sie gehen sogar so weit zu sagen, dass „die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss“. Was heißt denn „gestärkt“? Also unterstützt das BSW nun Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit? Das BSW ist gegen Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit. Aber das BSW ist nicht pauschal gegen die Bundeswehr. Sie muss ihre verfassungsgemäßen Aufgaben der Landesverteidigung erfüllen können. Dafür ist sie ordentlich auszustatten, ohne hunderte Millionen für Ausgehuniformen rauszuhauen oder komplett unnütze Geschenke an die Rüstungsindustrie zu verteilen. Das skandalöse Beschaffungswesen der Bundeswehr gehört endlich reformiert. Klar ist auch: Im Ausland hat die Bundeswehr nichts zu suchen – keine Fregatten im chinesischen Meer und auch keine Angriffsfähigkeit. Wir sollten uns zudem nichts vormachen: Die beste Verteidigungspolitik – und auch die vergleichsweise preiswerteste – ist, sich für einen Ausgleich der Interessen auf internationaler Ebene einzusetzen. Wer glaubt, durch immer weitere Milliarden in die Rüstung beispielsweise einen Krieg gegen die Atommacht Russland führen zu können, und über deutsche Truppen in der Ukraine nachdenkt, hat den Weg der Vernunft und des Realismus längst verlassen. Dass eine Armee in der Lage sein sollte, Aufgaben der Landesverteidigung zu erfüllen, dürfte den meisten einleuchten. Aber so wie es im Koalitionsvertrag formuliert ist, spricht hier nicht das BSW, sondern die SPD. Wenn Sie als BSW – gerade in dieser Zeit! – explizit formulieren, dass die „Fähigkeit zur Verteidigung gestärkt werden muss“, dann bedienen Sie doch den Geist der Zeitenwende. Auch da ist die SPD zu hören, nicht das BSW. Warum betonen Sie, dass „die Fähigkeit der Bundeswehr zur Verteidigung gestärkt werden muss“? Das ist eine Aussage, die auf der aktuellen politischen Annahme beruht, eine Gefahr, eine reale Bedrohung durch Russland sei gegeben. War es an dieser Stelle nicht möglich, sich gegenüber der SPD durchzusetzen? Vielleicht sehen Sie das auch zu sehr aus Ihrer journalistischen Sicht, ich interpretiere das anders. In dem Koalitionsvertrag ist auf unseren Druck hin festgehalten, dass wir uns zu der Idee eines im Frieden vereinten Europa bekennen. Zu Europa gehören auch etliche Länder, die nicht Mitgliedsstaaten der EU sind. Etwa auch der westliche Teil Russlands. Das ist also eine Absage an Blockkonfrontation und ein Eintreten für ein friedliches Auskommen miteinander. Für mich ist das das Gegenteil des Geistes der Zeitenwende. Lassen Sie uns an dieser Stelle differenzieren. Sicherlich gibt es Unterschiede zwischen Landes- und Bundespolitik. Andererseits: Gerade bei sehr grundsätzlichen Themen muss man als Partei wohl aufpassen, dass nicht der Eindruck entsteht, eine Art „ideologische Übernahme“ findet bei einer Koalition auf Landesebene statt. Die zitierten Zeilen erinnern nicht an das BSW, sondern an die SPD. Keine Sorge. Das BSW ist eine eigenständige, lebendige Partei. Klare BSW-Themen sind in Hülle und Fülle in dem Vertrag zu finden. Wir konnten durchsetzen, dass sich das Land für eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen einsetzen wird. Das heißt, dass es sich gegen die Wirtschaftssanktionen engagieren wird, die unserem Land nachweislich schaden und für Bürger und Unternehmen die Energiepreise haben steigen lassen. Und wir konnten uns einigen, dass die Energiepreise sinken müssen. Entscheidend ist bei Politik, was hinten rauskommt, und nicht, ob jedes einzelne Wort mir persönlich schmeckt. Politik muss man an ihren Taten messen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sprach davon, dass Deutschland bis 2029 kriegstüchtig werden müsse. Die „Kriegstüchtigkeit“ umfasst dann ja auch Ihr Bundesland. Was werden Sie als Koalitionspartner der SPD tun, wenn Kriegstüchtigkeit auf politischer Ebene in Brandenburg umgesetzt werden soll? Werden Sie als BSW-Koalitionspartner das Vorhaben Kriegstüchtigkeit mittragen? Würden Sie diese Frage mit einem „ja“ oder „nein“ beantworten? Da werden wir nicht mitmachen. Lassen Sie uns noch auf eine andere Stelle im Koalitionsvertrag eingehen. Das Thema Corona. Im Koalitionsvertrag kommt der Begriff Corona fünf Mal vor. Zwei Mal sind die Stellen vorne und im weiteren Verlauf des Vertrages identisch. Also bleiben drei Mal. Ich zitiere: „Um aus den Maßnahmen zur Abwehr der Corona-Pandemie für die Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen, setzen wir eine Enquetekommission ein. Sie soll herausarbeiten, wie staatliche Eingriffe in die Freiheitsrechte unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit so gering wie möglich gehalten werden können, wie unser Gesundheitssystem für die Bewältigung von Pandemien aufgestellt ist und welche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zum Schutz der Menschen erfolgreich waren. Dazu gehören auch Beratungen über ein Corona-Amnestiegesetz.“ Auch diese Stelle macht einen gefälligen Eindruck. Sie wollen eine Enquetekommission einsetzen, um „richtige Schlüsse“ für die Zukunft zu ziehen. Bürger wünschen sich aber auch, dass politisch Verantwortliche für die Maßnahmenpolitik zur Rechenschaft gezogen werden. Wie gehen Sie mit dieser Forderung um? Es braucht dringend einen Corona-Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag. Dafür macht sich das BSW stark. Das heißt, dass Leute wie Gesundheitsminister Lauterbach, der nachweislich und mehrfach die Unwahrheit in der Corona-Zeit gesagt hat, sich dafür verantworten müssen. In Brandenburg gab es bereits zwei Untersuchungsausschüsse zu Corona. Selbst die AfD fordert keinen dritten Untersuchungsausschuss . Der AfD-Fraktionsvorsitzende Herr Berndt sagte Ende Oktober dem Tagesspiegel , dass er es nicht für sinnvoll hält, noch so einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Wir konnten aber in den Verhandlungen mit der SPD durchsetzen, dass es diese Enquete-Kommission geben wird. Sie soll Lehren ziehen, damit sich fundamentale Grundrechtseingriffe nie wiederholen, damit die Debatten sachlicher ablaufen und auch Bürger angehört werden. Wir haben auch erreichen können, dass Menschen, die unter Corona-Impfschäden leiden, überhaupt wahrgenommen und ihnen besser geholfen wird. Ähnliches gilt für Hilfe für Kinder und Jugendliche, die unter den Schulschließungen gelitten haben. Sie wollen „Beratungen“ über ein Corona-Amnestiegesetz“ führen. Auch das klingt zögerlich. War es nicht möglich, sich im Vorfeld mit Ihrem Koalitionspartner darauf zu einigen, dass es ein Corona-Amnestiegesetz definitiv geben wird? Sollte es zu einer Regierung zwischen BSW und SPD kommen, wird es ein Corona-Amnestiegesetz geben. Punkt. Auch das wäre ein absolutes Novum in der deutschen Politik, dass es ohne das BSW niemals geben würde. Was sind die Vorstellungen Ihrer Partei bezüglich eines Corona-Amnestiegesetzes? Wie umfassend soll es werden? Soll es nur laufende Verfahren betreffen? Sollen gezahlte Bußgelder zurückerstattet werden? Sollen auch Anwaltskosten erstatten werden? Was sind Ihre Vorstellungen? Ein Amnestiegesetz muss auf jeden Fall gezahlte Bußgelder in solchen Fällen zurückerstatten, für die es nie Bußgelder hätte geben dürfen. Im Übrigen werden wir uns genau ansehen, wie in anderen Ländern wie Slowenien oder Regionen wie dem australischen Bundesstaat New South Wales solche Gesetze ausgestaltet wurden, und uns darüber austauschen, was in Brandenburg möglich ist. Wie wird es nun weitergehen in Sachen Koalitionsvertrag? Das BSW hat am Nikolaus-Freitag auf einem außerordentlichen Landesparteitag einstimmig für den Eintritt in eine Regierung auf Basis des Koalitionsvertrags gestimmt. Sahra Wagenknecht lobte dabei die vielen in dem Vertrag erreichten Erfolge. Nächsten Mittwoch, am 11.12.2024, sollen der Ministerpräsident gewählt und die Minister ernannt werden. Das BSW könnte dann das Finanz- und Europaministerium übernehmen. Genauso wie das Infrastrukturministerium und das Ministerium für Gesundheit und Soziales. Die Arbeit geht dann für uns erst richtig los, um das in dem Vertrag Ausgehandelte auch umzusetzen. Anmerkung: „Robert Crumbach (62) ist seit der Gründung des Landesverbandes Brandenburg des BSW im Frühling 2024 dessen Landesvorsitzender. Er war Spitzenkandidat des BSW für die Landtagswahl im September 2024, bei der das BSW 13,5 % erreichen konnte und nun 14 Abgeordnete im neuen Landtag stellt“, heißt es in einer Mitteilung des BSW-Brandenburg. Titelbild: Screenshot RBB…
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